16. August 2010

Im Druck

Atom – Die Geschichte des nuklearen Zeitalters

Von Jan Oliver Löfken

Kommt der Ausstieg aus dem Atomausstieg? Werden die Meiler 8, 14 oder gar 30 Jahre länger laufen? Ist Kernkraft eine notwendige "Brückentechnologie" oder verhindert sie vehement den Ausbau der Regenerativen? Kurz bevor die Bundesregierung ihr Energiekonzept vorstellen will, brodelt die Diskussion um die deutsche Kernkraft. So sehr wie zu besten Zeiten des Atomprotestes wird sie bestimmt von Emotionen, persönliche Vorteilen, Profit und Ideologien. Das Buch "Atom" von Stephanie Cooke ist gerade in diesen Zeiten eine Wohltat an Fakten. Ganz ohne Hysterie erzählt sie die rund 60-jährige Geschichte der Kernenergie, enthüllt die enge Verknüpfung von militärischer und ziviler Nutzung und eröffnet dem Leser einen anderen, selten dargestellten Blickwinkel auf Bomben und Meiler, Brennstäbe und Terror, Politik und Profit.

Zugegeben, der knapp 600 Seiten umfassende Band ist keine leichte Kost, sondern eine ausführliche Dokumentation, die auf dem ersten Blick nicht zur schnellen Lektüre geeignet ist. Doch wer sich auf die nüchterne, mit Fakten, Belegen und zahlreichen Quellen gespickte Darstellung einlässt, findet sich schnell in einem Real-Thriller wieder, der einem Roman von Michael Crighton in punkto Spannung kaum nachsteht. Akribisch belegt die Autorin - selbst Mitarbeiterin des "Bulletin of Atomic Scientists" - jede noch ansatzweise kritische Behauptung in einem ausführlichen Quellverzeichnis. Jede Aussage wird überprüfbar. Genau dadurch eignet sich dieser Band, um die aktuellen Atomdiskussion wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Ihr Fazit ergibt sich von selbst. Cooke braucht keine Stammtischargumente, um die Atomkraft als Irrweg bloßzustellen. Schlichte Fakten reichen vollkommen. So empfiehlt sich dieses Buch sowohl für Gegner der nuklearen Technik, da sie sich danach besser und klarer in Diskussionen behaupten werden können. Aber auch für Befürworter ist die Lektüre lohnenswert, um sich bewusst zu werden, wofür und für welche Interessen sie sich wirklich einsetzen. Als einziger Wermutstropfen bleibt nach dem Lesen nur das sprachlich holprige Vorwort in Erinnerung. Hier fehlte offenbar die Zeit, um es so fesselnd aus dem amerikanische Original zu übersetzen wie die folgenden 21 Kapitel des Bandes selbst.

Atom – Die Geschichte des nuklearen Zeitalters von Stephanie Cooke, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2010, 592 Seiten, ISBN: 3462041983, € 24,95

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