Im Bilde

Blütenwunder im Nano-Maßstab

© Wim Noorduin, Laura Hendriks

Cambridge/USA - Blaue Prunkwinden, orange Kleintulpen, violette Alpenveilchen, blaue Dreimasterblumen (im Uhrzeigersinn) und in der Mitte eine prächtige Rose – diese scheinbare Blütenpracht sind in Wirklichkeit gezielt gezüchtete Nanokristalle. Die Bilder eines Raster-Elektronenmikroskops sind künstlich und passend eingefärbt – ursprünglich zeigen sie nur in Schwarzweiß die vielfältigen Formen von Bariumcarbonat- und Silikat-Kristallen, gezüchtet von US-Forschern. Wenn sich die beiden in Wasser gelösten Substanzen in Form von Kristallschichten ablagern, beeinflussen sie sich dabei gegenseitig im Wachstum. Zudem, so  berichtet das Team im Fachblatt „Science“, veränderte es gezielt die Umgebungsbedingungen im Laborglas, um Richtung, Wuchstempo oder Größe der sich selbst formierenden Schichten zu leiten. So erhöhte oder senkte es etwa kurzzeitig die Kohlendioxid-Konzentration, die Temperatur oder pH-Gradienten, um gerollte oder krumme Kristallschichten zu erreichen.


„Man kann wirklich mit dem Selbstanordnungsprozess zusammenarbeiten“, erklärt Wim Noorduin von der Harvard University: „Die Ablagerung geschieht zwar spontan, doch will man etwas verändern, braucht man bloß die Bedingungen der chemischen Reaktion manipulieren und die Formen beeinflussen, während sie wachsen.“ In einem Behälter löste er das Salz Bariumchlorid sowie Natriumsilikat, auch als Wasserglas bekannt. Kohlendioxid aus der Luft, das sich – wie in der Natur – ebenfalls im Wasser löst, reagierte mit den anderen beiden Substanzen und startete das Wachstum von Bariumkarbonat-Kristallen (BaCO3). Dies aber senkt dies den pH-Wert in der nahen Umgebung der Kristalle, macht sie saurer, woraufhin eine Reaktion mit dem gelösten Wasserglas anläuft und sich eine Schicht Silikat-Kristalle (SiO2) ablagern. Dabei wiederum wird der Umgebung Säure entzogen, so dass die Wachstumsbedingungen wieder für das Bariumkarbonat passen. Diese abwechselnde Schichtenbildung steuerten Noorduin und Kollegen nun direkt, durch pulsartiges Hinzufügen von Kohlendioxid oder Erhöhen des pH-Werts. Je nach Abfolge dieser Schwankungen konnten die Forscher kontrolliert dünne Stängel, weit ausladende Blätter oder Blütenblatt-Rosetten entstehen lassen. Auch wenn die winzigen Formen nur in Grautönen unter besonderen Mikroskopen zu sehen sind, sieht Noorduin eine Analogie zwischen Kristallblumen und echten Blütenpflanzen: „Seit mindestens 200 Jahren sind die Menschen fasziniert davon, wie komplexe Formen in der Natur entstanden sind. Diese Arbeit hilft zeigen, was allein durch chemische Veränderungen des Umfelds möglich ist“


(„Rationally Designed Complex, Hierarchical Microarchitectures“, Wim L. Noorduin, Alison Grinthal, L. Mahadevan, Joanna Aizenberg; Science, DOI: 10.1126/science.1234621)
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