Mars-Mission: Hohe Strahlengefährdung für Astronauten

„Manche dieser Szenarien“, sagt Erstautor Cary Zeitlin vom Southwest Research Institute in Boulder, „gehen davon aus, dass der Reise zum Mars ein 500-tägiger Aufenthalt auf der Oberfläche und die anschließenden Rückreise folgt. Der Aufenthalt auf der Oberfläche ist der längste Zeitraum.“ Während der gesamten Zeit hätten die Mars-Astronauten sowohl mit Strahlung von der Sonne als auch mit hochenergetischer kosmischer Strahlung aus den Tiefen des Alls zu rechnen. Das irdische Magnetfeld und die Atmosphäre schützen alle Lebensformen auf unserem Planeten höchst effektiv vor beiden Arten von Strahlung. Der Mars jedoch besitzt eine sehr viel dünnere Atmosphäre und ein sehr schwaches Magnetfeld. Auf seiner Oberfläche müssten sich Astronauten also ebenfalls gut gegen Strahlung abschirmen. Die stärkste Dosis würden sie aber während des Fluges erhalten.
„Die akkumulierte Dosis entspricht einer Ganzkörper-Computer-Tomographie alle fünf bis sechs Tage“, so Zeitlin. Über eine Flugdauer von etwa einem Jahr ergibt dies eine Strahlendosis von 660 Millisievert. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Strahlenbelastung durch natürliche Radioaktivität und medizinische Untersuchungen beträgt rund 4 Millisievert pro Jahr. Ein Tag im All erzeugt also ungefähr dieselbe Belastung wie ein halbes Jahr auf der Erde. Kerntechnisches Personal darf im Jahr höchstens 20 Millisievert erhalten. Ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation schlägt mit 75 Millisievert zu Buche. In Notfällen dürfen Rettungskräfte einmalig maximal 100 Millisievert an Strahlung aufnehmen. In Tschernobyl und Fukushima erhöhte man diesen Grenzwert kurzfristig auf 250 Millisievert.
Die Grenzwerte für Astronauten liegen bei den meisten Raumfahrtagenturen aufgrund der hervorragenden medizinischen Betreuung und Fitness der Kandidaten deutlich darüber, bei einem Lebenszeitmaximum von 1.000 Millisievert. Dies entspricht einem zusätzlichen Krebsrisiko von fünf Prozent über das gesamte Leben gerechnet. Ein Marsflug würde je nach Dauer diese Grenzwerte ziemlich ausreizen. Robert Zubrin, Präsident der Mars Society, ist ob dieser Ergebnisse nicht überrascht: „Dies bestätigt unsere Erwartungen. Das Strahlenrisiko ist durchaus akzeptabel. Offen gesagt ist es ein mäßiger Anteil am Gesamtrisiko einer Marsmission.“
Aufgrund der guten Abschirmung des Rovers sind die Daten sehr repräsentativ für einen bemannten Marsflug. Das Strahlenmessgerät von Curiosity war von einer dickeren Schutzhülle umgeben als seinerzeit die Apollo-Raumkapsel. Bisherige Messungen fanden stets in schlecht bis gar nicht abgeschirmten Raumfahrzeugen statt und konnten deswegen kaum realistische Daten liefern. Für einen bemannten Marsflug wollen Raumfahrtingenieure den schnellsten verfügbaren Antrieb wählen, um die gefährliche Zeit im freien All möglichst kurz zu halten. Gleichzeitig benötigen sie eine gute Abschirmung, die aber nicht zu schwer sein darf.
Die Curiosity-Daten haben gezeigt, dass man sich gegen die weniger energetische Strahlung der Sonne gut schützen kann, auch wenn die Sonne während des Fluges nicht sehr aktiv war. Gegen die teilweise sehr hochenergetische kosmische Strahlung lässt sich aber kaum etwas ausrichten. Diese macht in einem abgeschirmten Raumfahrzeug deshalb den größten Teil der Strahlung aus. „Ein bemanntes Raumfahrzeug hätte wahrscheinlich eine Art Schutzraum gegen die Strahlung bei heftigen Sonnenausbrüchen“, erklärt Zeitlin. „Aber harte kosmische Strahlen sind schwerer zu stoppen. Nicht einmal eine dreißig Zentimeter dicke Aluminiumschicht würde deren Dosis bedeutend abschwächen.“
Das Strahlenmessgerät an Bord von Curiosity sammelt derweil weiter Daten. Die Forscher wollen hiermit ermitteln, wie stark die Strahlung auf der Marsoberfläche ist. Hiervon wird abhängen, wie lange Astronauten sich auf unserem Nachbarplaneten werden aufhalten können.
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