Gestörter Schlafrhythmus: Weitere Gefahr für Langzeit-Astronauten

Laut einem 17-monatigen Isolations-Experiment müsste die Crew einer Marsmission mit erheblichen Störungen der inneren Uhr rechnen
Neben ausreichend Schlaf gehörten diverse medizinische und neurologische Tests zum regelmäßigen Programm.
Neben ausreichend Schlaf gehörten diverse medizinische und neurologische Tests zum regelmäßigen Programm.
© IBMP
Philadelphia (USA) - Eine Reise zum Mars ist kein Zuckerschlecken. Wie internationale Forscher nun in einem Langzeit-Experiment herausgefunden haben, müssten Astronauten auf dem langen Weg zum Mars nicht nur der räumlichen Enge und der kosmischen Strahlung trotzen. Auch die Aktivität der körpereigenen Rhythmen könnte schwer durcheinander geraten und zu Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und weiteren Problemen führen. Die Wissenschaftler ließen ein multinationales und multikulturelles Team für 520 Tage in einem engen Wohn- und Forschungscontainer ausharren, um einen Flug zum Mars zu simulieren. Dabei überwachten sie deren Schlaf-Wach-Zyklen und körperliche Aktivität. Vier von sechs Crewmitgliedern entwickelten deutliche Auffälligkeiten wie Schlafstörungen oder Konzentrationsdefizite. Diese Probleme begannen schon früh während der Mission und hielten unverändert an, berichten die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the National Academies of Sciences“.

„Dies ist die erste Untersuchung zur wichtigen Rolle von Schlaf-Wach-Zyklen bei ausgedehnten Raummissionen“, sagt David Dinges von der Universität Pennsylvania. Die anderthalbjährige Simulation wurde vom Institut für Biomedizinische Probleme der Russischen Akademie der Wissenschaften entwickelt und von der Europäischen Weltraumagentur mitfinanziert. Im Juni 2010 hatten sich in Moskau die Luken der 550 Kubikmeter großen, raumschiffähnlichen Anlage geschlossen. Über 90 verschiedene Experimente mussten die Pseudoastronauten durchführen, unter anderem die simulierte Landung auf dem Mars. Die Reise gliederte sich in drei Etappen: 250 Tage für den Flug zum Mars, 30 Tage Aufenthalt auf der Oberfläche und 240 Tage für den Rückflug zur Erde. Die Crewmitglieder waren auf den Einsatz vorbereitet und hatten einen Hintergrund in Ingenieurswissenschaften, Medizin, Physiologie und Weltraumtraining.

Während des Aufenthalts wurden – abgesehen von der Schwerelosigkeit – die Eigenheiten eines Marsflugs möglichst genau simuliert. Hierzu gehörte nicht nur das unvermeidliche Fitnessprogramm, um dem Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken. Die Astronauten mussten auch realistische Arbeitspläne einhalten wie etwa das Sammeln von Bodenproben auf dem Mars. Sie konnten nur mit Verzögerung mit der Missionskontrolle kommunizieren und hatten eine entsprechend eingeschränkte Verpflegung.

Ähnliche Probleme treten auch bei Überwinterungen in Polarstationen auf, jedoch nicht bei allen Probanden gleichermaßen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Anfälligkeit der biologischen Rhythmen gegenüber veränderten Licht- und Schlafverhältnissen zum Teil genetisch bestimmt und deshalb bei jedem Menschen unterschiedlich ist. Die Forscher fordern deshalb, bei geplanten längeren Weltraummissionen stärker auf die Einhaltung natürlicher Rhythmen von Schlaf und Bewegung zu achten, da ansonsten die Sicherheit und das Wohlbefinden der Besatzungen gefährdet seien. Ähnliche Rhythmusprobleme führen auch in der modernen Industriegesellschaft zu Störungen der inneren Uhr und können unter anderem Übergewicht verursachen.

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