Rotwein enthält Wirkstoffe gegen Karies und Parodontitis

Polyphenole aus Trauben und Wein hindern Krankheitserreger daran, sich an Zähne oder Zahnfleisch anzuheften, und könnten so vor Infektionen schützen
Rotwein enthält Polyphenole, die nicht nur als Antioxidantien wirksam sind.
Rotwein enthält Polyphenole, die nicht nur als Antioxidantien wirksam sind.
© THOR / Estepa Merlot Red Wine Series, Creative Commons Attribution 2.0 Generic, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en
Madrid (Spanien) - Der erste Schritt im Krankheitsprozess von Karies und Parodontitis besteht darin, dass sich bestimmte Bakterien an die Oberfläche von Zähnen beziehungsweise Zahnfleisch anheften. Wirkstoffe, die eine solche Adhäsion blockieren, könnten daher Zahnerkrankungen vorbeugen. Diese Eigenschaft haben spanische Forscher jetzt bei Polyphenolen aus Rotwein nachgewiesen. In Experimenten mit Zellkulturen setzten sie die Inhaltsstoffe in ähnlichen Konzentrationen ein, wie sie auch im Rotwein vorliegen. Noch ist der genaue Wirkmechanismus nicht bekannt. Der durch Polyphenole erzielte Abwehreffekt für Karieserreger verstärkte sich zusätzlich, wenn gleichzeitig probiotische Streptokokken zugesetzt wurden, berichten die Wissenschaftler im „Journal of Agricultural and Food Chemistry“.

„Die mit der Nahrung aufgenommenen Polyphenole werden im Verdauungssystem chemisch verändert, bevor sie in den Blutkreislauf gelangen. Ihre positiven Wirkungen beruhen offenbar nicht auf den Ausgangssubstanzen selbst, sondern auf daraus entstandenen Stoffwechselprodukten“, schreiben die Forscher um Victoria Moreno-Arribas vom Spanish National Research Council (CSIC) in Madrid. Die biochemische Umsetzung der Polyphenole beginne aber bereits im Mund, woran verschiedene Mundbakterien und die Zellen von Zahnfleisch und Mundschleimhaut beteiligt seien. Für die im Rotwein enthaltenen Polyphenole, darunter Resveratrol, Flavanole und Anthocyane, sind zahlreiche gesundheitsfördernde Wirkungen beschrieben worden. Die spanischen Wissenschaftler liefern nun auch Hinweise auf einen positiven Effekt für die Zahngesundheit.

Mit Hilfe menschlicher Zellkulturen untersuchten die Forscher die Adhäsion verschiedener Erreger von Zahnerkrankungen an Zahnfleisch-Fibroblasten. Dazu versetzten sie die Nährlösung entweder mit einem Extrakt aus Rotwein oder Traubenkernen oder gaben eines der beiden Polyphenole Kaffeesäure und Cumarsäure hinzu. Die Konzentration der Zusätze war so gering, dass dadurch keine Bakterien abgetötet und die menschlichen Zellen nicht geschädigt wurden. Aber sie reichte aus, um das Anheften der Bakterien um 20 bis 50 Prozent zu verringern. Die beiden einzelnen Phenole zeigten dabei meist eine stärkere Wirkung als die Extrakte.

Als Testkeime dienten der Karieserreger Streptococcus mutans sowie Fusobacterium nucleatum und Porphyromonas gingivalis, wichtige Erreger von Zahnfleischentzündungen und Parodontitis. Der starke Hemmeffekt durch Kaffeesäure und Cumarsäure gegen das Kariesbakterium konnte durch Zugabe des probiotischen Bakteriums Streptococcus dentisani noch verstärkt werden. Diese Streptokokken konkurrieren wahrscheinlich mit Streptococcus mutans-Bakterien um dieselben Bindungsstellen und hindern diese so am Andocken.

Die Forscher konnten auch zeigen, dass sowohl die menschlichen Fibroblasten als auch die Bakterien der drei getesteten Keime Polyphenole aufnehmen, über ihren Stoffwechsel chemisch verändern und Abbauprodukte wieder freisetzen. Es sei wahrscheinlich, dass einige dieser Stoffwechselprodukte die Adhäsion der Bakterien stärker blockieren als die Ausgangssubstanzen. Da es zudem individuelle Unterschiede in der Zusammensetzung der Mundflora und des Speichels eines Menschen gebe, sei es schwierig herauszufinden, welche Wirkstoffe im Mund letztendlich für die Schutzwirkung verantwortlich sind. In zukünftigen Untersuchungen wären verbesserte Zellkulturmodelle nützlich, die die natürliche Situation im Mund genauer simulieren, so die Autoren. Dazu könnten beispielsweise Biofilme mit unterschiedlichen Bakterienarten hilfreich sein. Doch schließlich seien Studien mit Versuchspersonen nötig, um das Potenzial einer präventiven Therapie von Zahnerkrankungen zuverlässig bewerten zu können.

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