Mücken können lernen, wen sie stechen – und wen nicht

Wenn die Wahrnehmung eines bestimmten Geruchs wiederholt mit einem mechanischen Schock verbunden wird, lassen sich Stechmücken darauf trainieren, diesen Geruch zu meiden
Gelbfiebermücke Aedes aegypti, einen Menschen stechend
Gelbfiebermücke Aedes aegypti, einen Menschen stechend
© James Gathany / Centers for Disease Control and Prevention, gemeinfrei
Seattle (USA) - Eine Stechmücke kann lernen, einen bestimmten Menschen nicht zu stechen. Dazu müsste das Insekt nach mehrmals wiederholter Landung auf der Haut immer wieder kräftig abgeschüttelt werden. Dann verbindet der Blutsauger diese schlechte Erfahrung mit dem individuellen Körpergeruch und sucht sich lieber ein anderes Opfer. Das schließen amerikanische Biologen aus Experimenten mit der Gelbfiebermücke Aedes aegypti, wie sie im Fachblatt „Current Biology“ berichten. Durch entsprechendes Training haben sie den Mücken auch beigebracht, einen einzelnen Geruchsstoff zu meiden, der ein Hauptbestandteil des menschlichen Körpergeruchs ist. Bei diesem Lernprozess spielt der Neurotransmitter Dopamin eine wichtige Rolle, der auch bei anderen Tieren und beim Menschen eine wesentliche Funktion für das Lernen hat. Die neuen Ergebnisse könnten helfen, krankheitsübertragende Mücken besser abzuwehren.

„Wenn Stechmücken erst einmal gelernt haben, bestimmte Gerüche zu meiden, dann verursachen diese Gerüche ähnlich starke Fluchtreaktionen wie DEET, eines der effektivsten Insektenabwehrmittel“, sagt Jeffrey Riffell von der University of Washington in Seattle. An die Geruchsstoffe, die sein Forscherteam beim Lerntraining eingesetzt hatten, konnten sich die Mücken noch tagelang erinnern. In ihren Laborexperimenten untersuchten die Biologen das Verhalten der tropischen Stechmückenart Aedes aegypti, die unter anderem Gelbfieber- und Zika-Viren überträgt. Die Weibchen dieser Mücken bevorzugen den Menschen als Wirt für ihre Blutmahlzeit, werden aber von verschiedenen Individuen unterschiedlich stark angezogen.

Die Forscher sammelten Proben des Körpergeruchs von jeweils fünf Frauen und Männern. Dazu trugen diese Personen 3,5 Stunden lang Nylonmanschetten an Fußknöcheln und Armen. In der Lernphase wurden einzelne Mücken dem Körpergeruch eines Menschen ausgesetzt. Dabei rüttelte gleichzeitig ein Schüttler das Tier in seinem Behälter kräftig durch. So simulierten die Biologen eine mechanische Mückenabwehr durch erfolglose Schläge mit der Hand. Einen Tag nach diesem Training überprüften sie den Lernerfolg. Dazu setzten sie jeweils eine Mücke in ein Olfaktometer – eine luftdurchströmte Röhre, die sich Y-förmig verzweigte. Dann beobachteten sie, ob das Insekt zur Quelle des Körpergeruchs oder in die andere Richtung flog, aus der kein Geruch drang.

Während die meisten untrainierten Tiere vom Körpergeruch angelockt wurden, wählten die trainierten bevorzugt die andere Abzweigung. Interessanterweise war der Körpergeruch einiger Menschen für die Mücken vor dem Lernprozess attraktiver und führte durch das Training schneller zum Lernerfolg als der Körpergeruch von anderen. Die Ursache dafür sei nicht die Konzentration der Geruchsstoffe, sondern die unterschiedliche Zusammensetzung individueller Körpergerüche, schreiben die Forscher. In ähnlichen Experimenten ersetzten sie die komplexe Mixtur von Geruchsstoffen des Körpergeruchs durch Octenol, einen seiner Bestandteile. Die Mücken lernten, auch diesen Geruch zu meiden. Die abstoßende Wirkung von Octenol war vergleichbar mit dem Effekt des Insektenabwehrmittels DEET auf untrainierte Mücken.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass für den Lernprozess der Botenstoff Dopamin unabdingbar ist. Wurde die Funktion dieses Neurotransmitters durch einen Hemmstoff blockiert oder fehlte der Dopaminrezeptor in gentechnisch veränderten Mücken, verloren die Tiere ihre Lernfähigkeit. In weiteren Arbeiten wollen die Forscher untersuchen, welche biochemischen Mechanismen ablaufen, wenn sich die Insekten für einen Wirt entscheiden. Das könnte auch dazu beitragen, so Riffell, effektivere Maßnahmen zur Abwehr krankheitsübertragender Mücken zu entwickeln.

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