Stirb süß, Stechmücke!

„Die Mischung von Stoffen, die wir nutzen, um Stechmücken anzulocken, ist so mächtig, dass sie natürliche pflanzliche Düfte und Lockstoffe ignorieren werden, um an unsere Rezeptur zu gelangen”, erläutert Agenor Mafra-Neto von der Schädlingsbekämpfungsfirma „ISCA Technologies”. „Aus der Sicht einer Stechmücke ist das, als wäre an jeder Ecke ein unwiderstehlicher Schokoladenladen. Das Produkt ist so verführerisch, dass sie beinahe ausschließlich davon fressen werden, selbst wenn es eine tödliche Dosis an Insektenvernichtungsmittel enthält.” Abgesehen von der Blutmahlzeit, die die Weibchen für die Reifung ihrer Eier brauchen, ernähren sich Stechmücken von Nektar und haben daher eine Vorliebe für Süßes. Das machten sich Mafra-Neto und seine Kollegen zu Nutze.
Die Forscher sammelten verschiedenen Nektarproben und analysierten, welche chemischen Verbindungen das verlockende Aroma ausmachen könnten, das die Pflanzen verströmen, um Insekten anzuziehen. Die einzelnen Komponenten wiederum testeten sie an den Antennen von Stechmücken, um herauszufinden, auf welche Stoffe die blutsaugenden Insekten besonders stark reagieren. Auf der anderen Seite schlossen sie aber Duftnoten aus, die Bienen anziehen könnten. So entstand auf der Basis von 20 chemischen Signalstoffen ein Botenstoff, der mit Zuckern und Eiweißstoffen versetzt effektiv Stechmücken anlockt und zum Fressen einlädt. Kombiniert mit Insektenvernichtungsmitteln wie Pyrethroiden oder Spinosad erhielten die Forscher schließlich ihren unwiderstehlichen süß-tödlichen Cocktail.
Das umweltfreundliche und preisgünstige Produkt, das unter dem Namen Vectrax® vermarktet werden soll, kann als Spray oder Gel punktuell aufgetragen werden, so dass kleine Klumpen oder Flächen entstehen und sowohl draußen wie drinnen Einsatz finden. Erste Feldversuche in Tansania verliefen den Schädlingsbekämpfern zufolge sehr erfolgreich: In nur zwei Wochen sank die Zahl der Stechmücken in einem behandelten Gebiet im Vergleich zu unbehandelten Arealen um zwei Drittel. „Wenn dieser Trend anhält”, hofft Mafra-Nero, „dann erwarten wir, dass die Population von Anopheles-Malaria-Moskitos in den behandelten Dörfern bald auf nahe Null fällt.” Die Forscher hoffen außerdem, das Prinzip auch auf Zecken anwenden zu können. „Ich hasse Stechmücken und Zecken, wirklich”, bekräftigt Mafra-Neto. „Man stelle sich vor, eines Tages in seinen Garten oder in den Park gehen zu können und sich keine Sorgen machen zu müssen, von diesen Viechern belästigt zu werden.”
Hierzulande zumeist nur äußerst lästig, sind Steckmücken insbesondere in den Tropen ein großes Problem, denn dort übertragen sie gefährliche Krankheiten wie Malaria oder Gelbfieber. Bisher läuft die Bekämpfung primär mit flächendeckenden Mitteln. Das heißt, große Bereiche werden mit Insektiziden besprüht – wodurch aber auch andere, nützliche, Insekten wie etwa Bienen geschädigt werden können. Stechmücken spielen im Nahrungsnetz eine, wenn auch eher geringfügige, Rolle, da sie zum Beispiel zur Beute von Fischen und Spinnen zählen. Dennoch wäre es vor allem in jenen Ländern, in denen die Blutsauger Krankheiten übertragen, von großem Vorteil, wenn ihre Zahl dezimiert würde.