Stechmücken: Evolution des Wirtswechsels vom Tier zum Menschen

Gelbfiebermücken veränderten ihren Geruchssinn, wonach die Weibchen bevorzugt auf menschlichen Körpergeruch reagierten
Die Gelbfiebermücke oder Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) ist der Überträger von Gelbfieber und Denguefieber.
Die Gelbfiebermücke oder Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) ist der Überträger von Gelbfieber und Denguefieber.
© Shutterstock, Bild 12323776
New York (USA) - Irgendwann in grauer Vorzeit haben einige Mückenarten ihre Ernährung umgestellt: Die Weibchen gingen dazu über, bevorzugt Blut von Menschen statt von Tieren zu saugen, so dass sich neue Arten entwickelten. Amerikanische Biologen haben jetzt an einem Beispiel untersucht, welche genetische Veränderungen für die neue Lebensweise verantwortlich waren. Dazu verglichen sie Gene zweier Unterarten von Mücken der Gattung Aedes, von denen die eine hauptsächlich Tiere und die andere Menschen befällt. Die Spezialisierung auf den menschlichen Wirt war verbunden mit der verstärkten Aktivität eines Gens, das den Geruchssinn beeinflusst. Dadurch hatten die Mücken die Fähigkeit erworben, auf einen Duftstoff zu reagieren, der ein Bestandteil des menschlichen Körpergeruchs ist, berichten die Forscher im Fachjournal „Nature“.

„Unser Lebensstil ist für Stechmücken ideal: Wir haben immer Wasser in der Nähe, das sie für die Brut benötigen, wir sind haarlos und wir leben in großen Gruppen“, sagt Leslie Vosshall von der Rockefeller University in New York. Nur etwa ein Prozent aller Arten blutsaugender Insekten hat es speziell auf den Menschen abgesehen. Diese Arten sind im Lauf der Evolution aus Arten mit tierischen Wirten hervorgegangen. Wie ein solcher Entwicklungsschritt abgelaufen sein könnte, haben Vosshall und ihre Kollegen bei Gelbfiebermücken erforscht. In einer Küstenregion Kenias kommen zwei Unterarten dieser Mücken vor. Die Weibchen von Aedes aegypti formosus sind schwarz gefärbt, legen ihre Eier in Tümpeln der Waldgebiete ab und saugen Blut von Tieren. Die Weibchen der Unterart Aedes aegypti aegypti nutzen zur Eiablage Wasserstellen und -behälter in der Nähe menschlicher Siedlungen und stechen bevorzugt Menschen. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die “aegypti”-Form aus der “formosus”-Form entwickelt hat.

Sie sammelten Eier und Larven von verschiedenen Standorten und züchteten daraus im Labor insgesamt 29 Kolonien der beiden Unterarten. Durch Kreuzungsexperimente und DNA-Analysen suchten sie nach Genen, die für die Vorliebe für menschliche Wirte verantwortlich sind. Dazu prüften sie jeweils, ob sich die erzeugten genetisch unterschiedlichen weiblichen Nachkommen eher von Meerschweinchen oder von Menschen angezogen fühlten. Da die Mücken ihren Wirt über den Geruch finden, ermittelten die Biologen insbesondere die Aktivität von Genen der Sinneszellen in den Antennen, wo die Geruchswahrnehmung erfolgt. Dadurch identifizierten sie 14 Gene, die bei der auf Menschen spezialisierten Unterart aktiver waren als bei der anderen.

Besonders deutlich war der Unterschied für das Gen Or4, das die Produktion eines Rezeptorproteins steuert, welches auf Duftstoffe reagiert. Schließlich fanden die Forscher heraus, dass der Or4-Rezeptor die Mücke dazu befähigt, die Substanz Sulcaton – eine Komponente des menschlichen Körpergeruchs – zu erkennen. Allerdings reicht dieser Duftstoff allein nicht aus, um die Vorliebe der Stechmücken zu erklären. Denn mit Sulcaton besprühte Meerschweinchen wirkten nicht genauso attraktiv wie Menschen. Offenbar werden Menschen an einer Mischung mehrerer noch unbekannter Geruchsstoffe erkannt.

Die Ergebnisse zeigen, dass ein durch Mutationen veränderter Geruchssinn das Verhalten eines Insekts grundlegend beeinflussen und wahrscheinlich zur Entstehung neuer Arten beitragen kann. Im Fall der Aedes-Mücken hat sich auf diese Weise aus einer für Menschen ungefährlichen Art ein Überträger von mitunter tödlich verlaufenden Virusinfektionen wie Gelbfieber und Denguefieber entwickelt.

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