Zucker fördert Wachstum von Darmtumoren bei Mäusen

Fruktose-Glukose-Sirup aus Maisstärke kurbelt den Stoffwechsel von Darmkrebszellen an – Das Zuckerkonzentrat ist vielen Softdrinks und anderen Lebensmitteln zugesetzt
Mit Glukose und Fruktose gesüßte Getränke könnten auch beim Menschen das Wachstum von Darmtumoren beschleunigen.
Mit Glukose und Fruktose gesüßte Getränke könnten auch beim Menschen das Wachstum von Darmtumoren beschleunigen.
© Vincent Dittmer
New York / Houston (USA) - Ein starker Zuckerkonsum ist mit einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit und Darmkrebs verbunden. Bei Mäusen konnten amerikanische Forscher jetzt einen direkten, ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verwertung zweier Zuckerarten und dem Wachstum von Darmtumoren nachweisen – auch unabhängig von einer Gewichtszunahme. Schon ein mäßiger täglicher Konsum von Maissirup, der sowohl Glukose als auch Fruktose enthält und in vielen Lebensmitteln enthalten ist, beschleunigte die Entwicklung von Tumoren aus Darmpolypen, berichten die Wissenschaftler in „Science“. Beide Zucker werden von den Tumorzellen aufgenommen und verändern deren Stoffwechsel so, dass sich die Zellen schneller vermehren. Eine Blockade der Fruktoseverwertung oder der Verzicht auf fruktosehaltige Nahrungsmittel könnte vorbeugend oder therapiebegleitend hilfreich sein.

„Wer Darmkrebs hat, könnte seinen Tumor füttern, wenn er Maissirup trinkt“, sagt Erstautor Marcus Goncalves aus dem Labor von Lewis Cantley von Weill Cornell Medicine in New York. „Beim Menschen dauert es gewöhnlich 20 bis 30 Jahre, bis sich aus einem frühen Krebsstadium ein aggressiver kolorektaler Tumor entwickelt hat“, sagt Jihye Yun vom Baylor College of Medicine in Houston, die zusammen mit Cantley das Forschungsprojekt leitete. Ein regelmäßiger Konsum zuckerhaltiger Getränke könne den zeitlichen Verlauf der Krebsentstehung verkürzen. Ob die Ergebnisse der Tierversuche auf den Menschen übertragbar sind, müsse aber noch geprüft werden.

Für ihre Experimente erzeugten die Forscher genetisch veränderte Mäuse, bei denen sich aufgrund eines fehlenden Gens zahlreiche Darmpolypen bilden. Diese sogenannten Adenome sind eine Vorstufe von Darmtumoren. Solche Tiere haben – wie auch Menschen mit adenomatöser Polypose – ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Das bei den Mäusen ausgeschaltete Gen sei auch bei mehr als 90 Prozent der Patienten mit kolorektalem Karzinom defekt, sagt Yun. Zwei Monate lang erhielten die Mäuse täglich mit Maissirup versetztes Trinkwasser. Die dabei aufgenommene Menge an Glukose und Fruktose würde beim Menschen etwa dem täglichen Konsum einer Flasche eines in gleicher Weise gesüßten Softdrinks entsprechen. Das verwendete Zuckerkonzentrat enthielt Glukose und Fruktose in einem Verhältnis von 45 : 55.

Die im Versuchszeitraum aufgenommene Zuckermenge reichte nicht aus, um bei den Mäusen Fettleibigkeit zu verursachen. Doch im Vergleich zu Tieren, die nur ungesüßtes Wasser getrunken hatten, zeigten die Mäuse ein beschleunigtes Wachstum von Darmtumoren, dagegen keine Veränderung der Tumorzahl. Weitere Untersuchungen ergaben, dass der Konsum des Fruktose-Glukose-Sirups den Fruktosegehalt im Darm und den Glukosegehalt im Blut erhöhte und dass beide Zucker von den Krebszellen aufgenommen wurden. Die Fruktoseaufnahme beschleunigte den Abbau von Glukose und förderte die Produktion von Fetten, die für die Zellvermehrung nötig sind. Die krebsfördernde Wirkung war abhängig von der gleichzeitigen Zufuhr ähnlicher Mengen beider Zuckerarten. Bei Mäusen, denen ein Enzym für die Fruktoseverwertung fehlte, beschleunigte der Maissirup das Tumorwachstum nicht.

Da Fruktose für normale Körperzellen nicht essenziell ist, könne es nützlich sein, Therapien zu erforschen, die den Fruktosestoffwechsel blockieren, sagt Yun. Einen ähnlichen Effekt hätte es, zuckerhaltige Getränke zu vermeiden. Ob auch mit Rohrzucker (Saccharose) gesüßte Getränke die Krebsentwicklung von Darmpolypen fördern, ist noch nicht untersucht. Da Saccharose aus je einem Molekül Glukose und Fruktose besteht, die bei der Verdauung freigesetzt werden, vermutet Cantley eine ähnliche krebsfördernde Wirkung dieser Zuckerart.

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