Beeinflusst der Zuckerkonsum das Verhalten von Kindern?

Wer besonders viel zuckerhaltige Getränke und Süßigkeiten konsumiert, verhält sich aggressiver, trinkt mehr Alkohol und raucht eher als andere
Süße Getränke zählen zu den wichtigsten Zuckerquellen für viele Kinder.
Süße Getränke zählen zu den wichtigsten Zuckerquellen für viele Kinder.
© Bru-nO / pixabay.com, CC0 1.0 Universell (CC0 1.0), https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
Ramat Gan (Israel)/Florenz (Italien) - Ein übermäßiger Konsum zuckerhaltiger Speisen und Getränke hat für Kinder nicht nur schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Es besteht auch ein enger statistischer Zusammenhang mit Formen von sogenanntem Risikoverhalten. Dazu zählen Mobbing und körperliche Auseinandersetzungen unter Gleichaltrigen sowie der Konsum von Alkohol und Zigaretten. Je höher der Zuckerkonsum, desto größer war der Prozentsatz an Kindern mit solchen Verhaltensmerkmalen, wie eine internationale Studie bestätigt, deren Ergebnisse das Fachblatt „Social Science & Medicine“ präsentiert. Psychische Faktoren und die soziale Stellung der Familie spielten keine entscheidende Rolle. Noch fehlt eine plausible Erklärung für diesen Zusammenhang.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine ungesunde Ernährung in Form von starkem Zuckerkonsum ein Signal für verschiedene Arten riskanten Verhaltens sein könnte“, schreiben Sophie Walsh von der israelischen Bar Ilan University und Zlata Bruckauf vom UNICEF Office of Research Innocenti in Florenz. Für ihre Studie nutzten sie im Zeitraum 2013 bis 2014 erhobene Daten von 137.284 Kindern im Alter von 11 bis 15 Jahren aus 25 europäischen Ländern und Kanada. Die Kinder gaben Auskunft darüber, wie oft sie Süßigkeiten und zuckerhaltige Softdrinks konsumierten. Als Messwert für den Zuckerkonsum diente eine Skala von 0 bis 14. Dabei bedeutet der Wert 14, dass niemals, und der Wert 0, dass täglich mindestens einmal Süßigkeiten und ein süßes Getränk konsumiert wurden. Außerdem sagten die Kinder, wie oft sie in den vergangenen Monaten an Prügeleien und Mobbing beteiligt waren, ob sie rauchten und wie oft sie Alkohol getrunken hatten und schon mal betrunken waren. Die Forscherinnen berücksichtigten auch das Einkommen und die soziale Stellung der Familie sowie Selbstauskünfte zum psychischen Wohlbefinden.

Die einzelnen Nationen unterschiedenen sich in den Ergebnissen zum Teil stark voneinander. Aber zusammengenommen ergab sich ein sehr enger Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Risikoverhalten: Die Gruppe der Kinder mit dem größten Zuckerverzehr hatte eine um 78 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für mindestens zwei der fünf untersuchten Verhaltensmerkmale. Am stärksten war diese statistische Beziehung für die baltischen Staaten, Polen und Portugal. Die Ergebnisse für Jungen und Mädchen unterschieden sich in Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien kaum. Dagegen war in Litauen und Rumänien das Risikoverhalten bei Jungen doppelt so stark ausgeprägt wie bei den Mädchen. Der Anteil der Kinder mit dem höchsten Zuckerkonsum lag je nach Land zwischen 12 und 32 Prozent, für Deutschland waren es 31,6 Prozent. Die ermittelten Häufigkeiten von Risikoverhalten ergaben für die knapp 6000 deutschen Kinder Werte, die im Vergleich zu den anderen im Mittelfeld lagen.

Ob die Kinder der oberen oder unteren Gesellschaftsschicht angehörten, wirkte sich in den meisten Ländern auf den statistischen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Risikoverhalten nicht oder nur wenig aus. Für süße Getränke war die Beziehung enger als für Schokolade und andere Süßigkeiten. Das könne mit zusätzlichen Inhaltsstoffen der Getränke zusammenhängen, vermuten die Forscherinnen. Ein ursächlicher Zusammenhang – dass also der Zuckerkonsum das Verhalten beeinflusst – ist möglich, aber derzeit nicht nachgewiesen. Die Autorinnen plädieren jedenfalls dafür, den Zuckergehalt in Softdrinks zu verringern und den Verkauf von Süßigkeiten an Kinder zu reglementieren.

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