Wenn das Eisschild der Antarktis kollabiert
Vor allem das Abschmelzen der gigantischen Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis trägt maßgeblich zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Sind auf Grönland bereits deutliche Anzeichen für eine beschleunigte Schmelze zu beobachten, gilt der antarktische Eisschild noch als relativ stabil. Wie Robert DeConto von der University of Massachusetts Amherst und seine Kollegen berichten, verhindert am Südpol bislang ein Eisdamm entlang der Küstenlinie ein schnelles Abrutschen der Eismassen. Doch dieser Schutzwall droht mit zunehmender Erderwärmung auszudünnen. Damit könnte er seine Stabilität verlieren, sodass immer schneller Eismassen vom Festland ins Meer gelangen. Allein dieser Prozess ließe den Meeresspiegel ansteigen, noch bevor das Eis selbst vollständig geschmolzen wäre.
Wie sehr das antarktische Eis zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen wird, untersuchten DeConto und seine Kollegen nun mithilfe von neuen, detaillierten Modellen. In ihren Analysen berücksichtigten die Klimawissenschaftler unter anderem das physikalische Verhalten des antarktischen Eisschilds – wie etwa den Einfluss von auftretenden Gletscherspalten im Eis oder das Abschmelzen von schwimmenden Eisplatten. Zusätzlich analysierten sie Bewegungen im Eisschild sowie abbrechende Eisberge. Aus diesen Daten bestimmten die Forscher nun die Folgen des Abschmelzens für verschiedene Klimaszenarien.
Bei gleichbleibender Entwicklung des Klimas – die bis zum Jahr 2100 zu einer Erwärmung um drei Grad führen wird – würde der Meeresspiegel ab dem Jahr 2060 drastisch ansteigen. Dann könnte bis zum Ende des Jahrhunderts allein das Schmelzen des antarktischen Eisschilds den Meeresspiegel um bis zu 21 Zentimeter ansteigen lassen. Sollte jedoch tatsächlich das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden, wäre der Anstieg mit elf Zentimetern nur etwa halb so groß. Ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen, so die Forscher, würde sich das Abschmelzen ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr bremsen lassen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Tamsin Edwards vom King’s College London und seine Kollegen, die das Abschmelzen der Eisschilde an Land untersuchten. Ihre Analysen ergaben, dass sich mit dem Ziel, die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu beschränken, der Anstieg des Meeresspiegels bis 2100 auf etwa 13 Zentimeter halbieren ließe. Mit den aktuell angekündigten Maßnahmen würde der Meeresspiegel dagegen um mindestens 25 Zentimeter ansteigen. Beide Studien liefern neue und wichtige Erkenntnisse über den Zusammenhang von schmelzenden Eismassen an Land und dem Anstieg des Meeresspiegels und zeigen, dass bereits eine globale Erwärmung um drei Grad Celsius dramatische und unumkehrbare Folgen hätte.