Warum Frauen besser riechen können

Der weibliche Riechkolben, der Geruchsinformationen aus der Nase an das Gehirn weiterleitet, enthält eine deutlich höhere Zahl an Zellen als der von Männern
Der Riechkolben (eingekreiste Struktur im Hirnscan) leitet Geruchsinformationen von der Nase zum Gehirn.
Der Riechkolben (eingekreiste Struktur im Hirnscan) leitet Geruchsinformationen von der Nase zum Gehirn.
© Roberto Lent
Rio de Janeiro (Brasilien) - Frauen reagieren empfindlicher auf Gerüche, können einzelne Duftstoffe sicherer identifizieren und sich besser an einen bestimmten Geruch erinnern. Für diese wahrscheinlich angeborenen Unterschiede haben brasilianische Forscher jetzt eine plausible biologische Erklärung gefunden: Frauen verfügen über fast 50 Prozent mehr Nervenzellen in ihren Riechkolben als Männer. Die Riechkolben sind Strukturen des vorderen Gehirns, die Geruchssignale von der Riechschleimhaut der Nase in die Hirnteile weiterleiten, in denen die Geruchswahrnehmung erfolgt. Die gemessene größere Zelldichte sei ein indirekter Hinweis auf eine bessere Funktion der Nervenzellen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „PLoS One”. Dieser Zusammenhang müsse aber noch durch direktere Messungen der Zellfunktion, beispielsweise der Synapsendichte, bestätigt werden.

„Es erscheint sinnvoll anzunehmen, dass die größere Zahl an Neuronen im Riechkolben den Frauen eine bessere Riechleistung ermöglicht“, sagt Roberto Lent von der Federal University of Rio de Janeiro. Sein Forscherteam entnahm Riechkolben aus den Gehirnen von sieben Männern und elf Frauen, die im Alter zwischen 55 und 94 Jahren verstorben waren. Die Testpersonen hatten weder unter einer Demenz noch unter anderen neurologischen Krankheiten oder psychischen Störungen gelitten. Mithilfe einer speziellen Technik ermittelten die Forscher für jede Probe den Gehalt an Neuronen und anderen Hirnzellen, sogenannten Gliazellen. Obwohl das Gewicht der Riechkolben bei Männern und Frauen gleichen Alters nahezu gleich war, ergaben sich überraschend große Unterschiede in den Zellzahlen.

Die Gesamtzahl der Zellen eines Riechkolbens war bei den Frauen um 43 Prozent höher als bei den Männern. Für die Neuronen betrug die Differenz sogar 49 Prozent. Eine größere Zelldichte ist zwar generell kein Beweis für die bessere Funktion eines Gewebes. Im Fall von Hirngewebe sei dieser Zusammenhang allerdings sehr wahrscheinlich, schreiben die Autoren. Eindeutiger wäre die Schlussfolgerung, wenn sich auch nachweisen ließe, dass bei Frauen die Zahl an Synapsen, also Verbindungsstellen zwischen den Neuronen, höher liegt. Das sei aber mit den derzeit verfügbaren Mitteln noch nicht möglich.

Der Unterschied der Geschlechter in der Riechleistung hat sich als unabhängig vom Alter erwiesen und ist auch nicht durch den Einfluss der Geschlechtshormone zu erklären. Auch die Zahl der Riechsinneszellen und deren Rezeptoren in der Nase ist bei Männern und Frauen gleich. Die unterschiedliche Qualität des Geruchssinns muss demnach durch die Art der Signalweiterleitung und –verarbeitung zustande kommen, woran der Riechkolben beteiligt ist. Bleibt die Frage, warum die Evolution Frauen zu einem besseren Geruchssinn verholfen hat. Möglicherweise war für sie die Wahrnehmung und Bewertung des Körpergeruchs von besonders großer Bedeutung für ihren Fortpflanzungserfolg: Eine gute Nase könnte geholfen haben, den passenden Partner zu finden und so die Überlebenschancen der Kinder zu verbessern.

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