Brautgeschenk besänftigt kannibalische Weibchen

Männliche Listspinnen werden bei der Brautwerbung weniger attackiert und seltener aufgefressen, wenn sie ein erbeutetes Insekt überreichen
Männliche Listspinne (Pisaura mirabilis) mit Brautgeschenk
Männliche Listspinne (Pisaura mirabilis) mit Brautgeschenk
© Shutterstock, Bild 85250980
Aarhus (Dänemark) - Die Männchen der Listspinne überbringen dem Weibchen bei der Brautwerbung ein erbeutetes Insekt. Dieses Verhalten dürfte sich im Lauf der Evolution aus verschiedenen Gründen als vorteilhaft erwiesen haben. Unter anderem dient das Brautgeschenk den Männchen als Schutzschild gegen die Aggressivität des Weibchens, wie ein dänisch-uruguayisches Forscherteam jetzt im Fachblatt „Biology Letters“ berichtet. Demnach gehen männliche Spinnen, die sich ohne Geschenk nähern, ein deutlich erhöhtes Risiko ein, noch vor der Paarung gefressen zu werden. Wie hungrig das Weibchen gerade ist, spielt dagegen keine große Rolle.

„Durch Verhaltensexperimente konnten wir erstmals einen anti-kannibalischen Effekt des Brautgeschenks nachweisen“, schreiben Søren Toft und Maria Albo von der Universität Aarhus. Das Männchen könnte auf unterschiedliche Weise von einem Brautgeschenk profitieren. Es ermöglicht zum einen den Tauschhandel „Nahrung gegen Paarung“, beeinflusst also die Partnerwahl des Weibchens zu seinen Gunsten. Zum anderen verbessert das überreichte Fresspaket die Ernährung und dadurch die Fitness der Braut, was schließlich auch dem gemeinsamen Nachwuchs zugute kommt. Ob das Brautgeschenk zusätzlich vor Attacken des Weibchens schützt, war bisher umstritten. Ein Grund dafür ist, dass heftige Attacken während der Brautwerbung oder gar sexueller Kannibalismus bei der Listspinne (Pisaura mirabilis) eher selten beobachtet wurden.

Das Brautgeschenk der Raubspinne besteht aus einer erbeuteten Fliege oder einem anderen Insekt, das mit Spinnfäden umwickelt wird. Der damit ausgestattete Freier kann beim Weibchen verschiedene Reaktionen auslösen. Nach Annahme des Geschenks läuft das Weibchen entweder damit weg oder es beginnt davon zu fressen und lässt die Paarung zu. Es kann den Freier auch einfach ignorieren oder aber ihn angreifen und auffressen. Für ihre Experimente setzten die Forscher zwei Gruppen von Weibchen ein: solche, die zuvor ausreichend gefüttert worden waren, und andere, die mehrere Tage gehungert hatten.

Hunger verstärkte die Lust auf ein kannibalisches Mahl nur wenig. Dagegen wurden Männchen ohne Brautgeschenk noch bevor es zur Paarung kam mit mehr als sechsfach größerer Wahrscheinlichkeit gefressen als die anderen. Insgesamt lag die Kannibalismusrate für Männchen ohne Geschenk bei 5,8 Prozent. Das Fresspaket bewirkte, dass das Weibchen eine Paarung eher zulässt und den Freier verschont. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass ein Weibchen aufgrund der Größe des Brautgeschenks die Qualität eines Männchens beurteilen kann, schreiben die Autoren. „Wir vermuten, dass Kannibalismus vor der Kopulation und Diebstahl des Geschenks alternative Verhaltensmöglichkeiten für aggressive Weibchen sind.“ Wird ein Geschenk angeboten, macht sich das Weibchen entweder ohne Paarung, aber mit dem Fresspaket davon. Oder es versucht, das Männchen anzugreifen und aufzufressen.

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