Vorbild Krake: Neues Haftmaterial mit künstlichen Saugnäpfen

Bionischer Werkstoff haftet am besten in feuchter und öliger Umgebung
Saugnapffolie: Mit kleinen Mulden in einem flexiblen Kunststoff imitieren Materialforscher den Hafteffekt von Saugnäpfen der Krakenarmen.
Saugnapffolie: Mit kleinen Mulden in einem flexiblen Kunststoff imitieren Materialforscher den Hafteffekt von Saugnäpfen der Krakenarmen.
© S. Baik et al., NPG
Suwon (Südkorea) - Mit seinen feinen Härchen an den Füßen – Spatulae genannt – hält sich ein Gecko über elektrostatische Kräfte selbst auf sehr glatten Flächen. In nasser Umgebung versagt dieser Hafteffekt jedoch. Als Vorbild für ein neues, bionisches Haftmaterial, das auch bei Feuchtigkeit funktioniert, bauten nun koreanische Forscher die filigrane Struktur der Saugnäpfe von Kraken nach. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, blieb ihre Saugnapffolie auch gut auf feuchter Haut haften und eignet sich etwa für neuartige Wundpflaster.

„Mikrometer kleine Strukturen in unserem künstlichen Haftmaterial vergrößerten den Saugeffekt“, erläutern Sangyul Baik und seine Kollegen von der Sungkyunkwan Universität in Suwon das grundlegende Prinzip der Haftung. Zuerst untersuchten die Forscher die Saugnäpfe der Gemeinen Krake (Octupus vulgaris) und erkannten in den kleinen napfförmigen Mulden spezifische Auswölbungen. Dank dieser Mikrostruktur können sich Kraken an glitschigen Steinen unter Wasser festhalten oder auch ihre Beutetiere fest greifen.

Diese Mikrostruktur kopierten die Materialforscher mit einer flexiblen Kunststofffolie. Dazu pressten sie zuerst kleine Mulden mit Durchmessern zwischen 15 und 500 Mikrometern in eine dünne Schicht aus Silikongummi. In die Mikronäpfe – etwa 5.000 pro Quadratzentimeter - füllten sie die flüssige Vorstufe eines Polyurethan-Acrylat-Polymers und härteten es unter ultraviolettem Licht aus. Dabei entstanden in den Mulden kleine, kuppelförmige Auswölbungen. Pressten die Forscher diese bionische Folie auf eine feuchte Fläche, saugte sie sich zuverlässig mit Haftkräften von gut 40 Kilopascal fest. Wurde Silikonöl statt Wasser verwendet, stiegen die Haftkräfte sogar auf bis zu 180 Kilopascal an.

Für diesen Hafteffekt konnten Baik und Kollegen zwei Effekte verantwortlich machen. Zum einen wurde beim leichten Andrücken der Saugnapffolie Luft aus den Mulden herausgepresst und es baute sich ein kleines Vakuum auf. Diese Haftung wurde über Kapillarkräfte, die sich dank der filigranen Auswölbungen ausbilden konnten, verstärkt. Die größere Haftkraft in einer öligen Umgebung erklärten die Forscher mit der höheren Viskosität der Flüssigkeit im Vergleich zu Wasser. Selbst tausende Male abgelöst, behielten die Saugnapffolien ihren Hafteffekt.

Die besten Resultate erzielten die Forscher mit Saugnäpfen, die einen Durchmesser von 50 Mikrometer aufwiesen. Diese Folie blieb selbst auf feuchter Haut zuverlässig haften. Als erste Anwendung schlägt Baik daher neuartige Pflaster vor, um etwa entzündete und nässenden Wunden abdecken zu können. Aber auch die hauchdünnen Siliziumwafer für die Produktion von Computerchips könnten mit dieser Saugnapffolie aus den Reaktionsbädern gehoben werden. „Dieser Ansatz könnte für die Fortbewegung von Robotern, in der Biomedizin oder auch für Spielzeuge genutzt werden“, beurteilt Jonathan Wilker von der Purdue University in West Lafayette die koreanischen Resultate in einem begleitenden Kommentar.

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