Vampirfledermäuse knüpfen stabile freundschaftliche Beziehungen
„Unsere Ergebnisse bestätigen die zunehmenden Hinweise darauf, dass Vampirfledermäuse soziale Bindungen knüpfen, die denen einer Freundschaft bei einigen Primaten ähnlich sind“, sagt Gerald Carter von der Ohio State University in Columbus. „Die Erforschung sozialer Beziehungen bei Tieren kann dazu beitragen zu verstehen, wie feste Freundschaften zwischen Menschen zu erklären sind.“ Das ungewöhnliche kooperative Verhalten zwischen einzelnen Vampirfledermäusen (Desmodus rotundus) äußert sich nicht nur in gegenseitiger Fellpflege. Die Tiere können auch aufgenommene Blutnahrung wieder hochwürgen und damit hungrige, nicht verwandte Artgenossen füttern. Zunächst ist dieses Verhalten mit mehr Kosten als Nutzen verbunden. Doch die Beziehung zwischen beiden Tieren sorgt dafür, dass die gefütterte Fledermaus sich bei Gelegenheit revanchiert, so dass längerfristig der Gesamtnutzen für beide größer ist als die Gesamtkosten. Daher wird diese Form der Kooperation als reziproker Altruismus bezeichnet.
Während ihres Aufenthalts im Smithsonian Tropical Research Institute in Panama fingen Carter und Simon Ripperger vom Museum für Naturkunde in Berlin weibliche Vampirfledermäuse aus einer Kolonie in einem großen hohlen Baum. Während die Tiere 22 Monate lang in einem großen Käfig gehalten wurden, registrierten die Forscher, mit wem die individuell markierten Fledermäuse bevorzugt Fellpflege und Nahrungsteilung praktizierten. In Zusammenarbeit mit Elektronikingenieuren und Computerwissenschaftlern hatte Ripperger einen miniaturisierten Annäherungssensor entwickelt, der auf dem Rücken der Fledermäuse befestigt werden konnte. Damit wurden 23 Tiere ausgestattet und zu ihrer Kolonie im hohlen Baum zurückgebracht. Als Kontrolle dienten 27 zufällig ausgewählte, wild lebende Weibchen derselben Kolonie, die ebenfalls den Sensor erhielten. Das 1,8 Gramm schwere Gerät reagierte auf andere Sensoren in der Nähe und sendete alle zwei Sekunden ein Signal.
Acht Tage lang übermittelten die Sensoren alle Kontakte zwischen den Versuchstieren. Dabei stellte sich heraus, dass viele der Fledermäuse, die sich in Gefangenschaft gegenseitig unterstützt hatten, auch weiterhin enger miteinander verbunden blieben als die Tiere der Kontrollgruppe. Offenbar erkennen sich die Fledermäuse individuell und die gemeinsam erlebte Zeit in der Forschungsstation hatte eine andauernde Bindung begründet. Doch nicht jede Zweierbeziehung blieb im Freiland weiter bestehen. Wahrscheinlich spielen für die Beständigkeit der sozialen Bindung auch individuelle Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle – so wie beim Menschen auch, vermutet Carter. Die Forscher wollen nun untersuchen, wie lange die Beziehungen nach der Freilassung andauern und ob sie sich auch in kooperativem Verhalten bei der Nahrungssuche äußern. (Video auf https://youtu.be/BeAiUBM18Cs)