Überraschend dünne Erdatmosphäre

„Diese Gesteine sind wie ein Geschichtsbuch für die Erde, da sie die Umweltbedingungen zur Zeit ihres Erstarrens speichern“, sagt Sanjoy Som vom Blue Marble Space Institute of Science in Seattle. Mit seinen australischen Kollegen untersuchte er Proben von erstarrten Lavaströmen, die vor 2,7 Milliarden Jahren auf dem Gebiet des heutigen Australiens in der Region Pilbara Craton erstarrten. Diese enthielten Gaseinschlüsse, die sich im Laufe der Jahrmillionen mit Mineralen füllten. Doch Größe und Struktur der Blasen, untersucht mit Röntgenstrahlung, blieben dabei erhalten und lieferten nun Hinweise auf den damals herrschenden Luftdruck.
Sauerstoff gab es während dieser Erdepoche noch nicht in der unteren Atmosphäre, die vor allem reich an Stickstoff gewesen sein musste. Die aktuellen Messungen ergaben einen Luftdruck von etwa 230 Millibar, der damit sehr viel schwächer ausgeprägt war als heute. Die Obergrenze für den maximalen Luftdruck konnten Som und Kollegen unter Beachtung weiterer Studien auf etwa 500 Millibar festlegen. Damit widersprechen ihre Messungen anderen Theorien, die von einem deutlich höheren Luftdruck als heute ausgingen.
Trotz des geringen Luftdrucks gab es vor 2,7 Milliarden Jahren mit hoher Sicherheit flüssiges Wasser auf der Erde, das allerdings schon bei knapp 60 Grad Celsius verdampfte. Das wäre allerdings nur möglich, wenn in der Atmosphäre neben Stickstoff große Anteile an Treibhausgasen wie Methan oder Kohlendioxid vorhanden gewesen wären. Genau dies vermuten die Geowissenschaftler und werden nach weiteren Indizien für ihre Annahme eines erstaunlich geringen Luftdrucks suchen.
Diese Ergebnisse sind nicht nur interessant für die Erforschung der Erdgeschichte. Auch für die Beurteilung von Exoplaneten und die Chancen auf Leben spielen sie eine Rolle. „Die frühe Erde ist mit der Erde heute nicht zu vergleichen, sondern eher mit einem Exoplaneten“, sagt Som. Denn es gab keinen Sauerstoff und nur Einzeller konnten existieren. Zudem rotierte der Planet deutlich schneller als heute, die Sonneneinstrahlung war schwächer und der Mond stand ihm näher. Kürzere Tage und höhere Tiden als heute waren die Folge.