Selbstheilung - Muscheltrick macht Gummi stabiler

Zusatz eisenhaltiger Moleküle führt zur Bildung neuer ionischer Bindungen
Das Prinzip flexibler und zugleich stabiler Haftbindungen von Muscheln lässt sich auf Kunststoffe übertragen.
Das Prinzip flexibler und zugleich stabiler Haftbindungen von Muscheln lässt sich auf Kunststoffe übertragen.
© Emmanouela Filippidi, UCSB
Santa Barbara (USA) - Trotz Wellenschlag haften Muscheln fest an Riffen in Brandungszonen. Diese Haftkraft beruht unter anderem auf ionischen Bindungen in flexiblen Biomolekülen. Das gleiche Prinzip konnte nun von amerikanischen Materialforschern auf dehnbare Kunststoffe übertragen werden. In der Fachzeitschrift „Science“ berichten sie, dass sie ein Polymer um ein Vielfaches widerstandsfähiger gegen Zugbelastung machen konnten, ohne dass es an Flexibilität einbüßte. Dieser Ansatz hat das Potenzial für besonders stoßfeste Hüllen, um etwa Smartphones besser schützen zu können.

„Unser elastisches Material nimmt eher Energie auf, als dass es plötzlich bricht“, sagt Megan Valentine vom Materials Research Center der University of California in Santa Barbara. Zudem konnten bei einer Dehnung gebrochene Bindungen im Kunststoff selbstständig ausheilen und damit die Lebensdauer des Materials deutlich verlängern. Verantwortlich dafür waren ionische Bindungen, die auch dem natürlichen Vorbild, der Kalifornienmuschel (Mytilus californianus), eine beeindruckende Haftung an Riffen verleiht.

Für ihre Experimente wählten Valentine und Kollegen einen elastischen Kunststoff aus Polyethylenglycol. Dieses Polymer versetzten sie mit Eisennitrat und einer organischen Substanz – Brenzcatechin. Dank dieser Zusätze konnten die Polymerstränge im Kunststoff zusätzlich zu kovalenten Bindungen über ionische Bindungen zusammengehalten werden. Der Vorteil: Brachen ionische Bindungen bei einer Zugbelastung auf, konnten sie sich nach einer Entlastung wieder neu verknüpfen. Belastungsversuche zeigten, dass die Zugfestigkeit um das 58-fache anstieg im Vergleich zu identischen Polymeren ohne Zusätze. Auch die Ausbreitung dauerhafter Risse im Material ließ sich unterdrücken. Die Elastizität des Materials blieb dabei vollständig erhalten.

Dieser bionische Ansatz hat das Potenzial, zahlreiche flexible Kunststoffe widerstandsfähiger zu machen. In weiteren Versuchen wollen die Wissenschaftler die molekulare Struktur der Polymere und die dynamische Ausbildung ionischer Bindungen genauer entschlüsseln. „Das wird uns den Weg zu neuen stabilen und selbstheilenden Materialien ebnen“, sagt Valentine. Anwendungen sehen die Forscher in stoßfesten Schutzhüllen und flexiblen und zugleich stabilen Materialien, die etwa bei der Entwicklung von Robotern eingesetzt werden könnten.

© Wissenschaft aktuell


 

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