Nikotinsucht: Angenehmer Geruch verringert das Verlangen

Vom Riechnerv ins Gehirn übertragene Signale könnten neurophysiologische Prozesse so beeinflussen, dass der Drang nach der nächsten Zigarette nachlässt
Die meisten Raucher brauchen Hilfe, um aufzuhören.
Die meisten Raucher brauchen Hilfe, um aufzuhören.
© Lindsay Fox, https://ecigarettereviewed.com/blog/, Creative Commons-Lizenz CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en
Pittsburgh (USA) - Die meisten erwachsenen Raucher wollen mit dem Rauchen aufhören. Doch jeder Zweite, der es versucht, wird schon nach wenigen Wochen rückfällig. Amerikanische Psychologen haben nun untersucht, ob bestimmte Geruchswahrnehmungen das Rauchverhalten beeinflussen können. Tatsächlich verringerten angenehme Gerüche das Verlangen nach der nächsten Zigarette und könnten daher helfen, von der Sucht loszukommen, berichten die Forscher im „Journal of Abnormal Psychology“. Ob die Signale des Geruchssinnes nur ablenkend wirken oder spezielle Hirnprozesse verändern, müssen weitere Studien zeigen.

„Angenehme Gerüche einzusetzen, um die Routine des Rauchens zu unterbrechen, könnte eine neue Methode der Entwöhnung sein – und unsere bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend“, sagt Michael Sayette von der University of Pittsburgh. Nikotinersatztherapien mit nikotinhaltigen Pflastern, Kaugummis, Tabletten oder Sprays seien nicht ausreichend wirksam und müssten durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt werden, um die Erfolgsquoten zu erhöhen. Sayette und seine Kollegen untersuchten, ob sich das akute Verlangen nach einer Zigarette durch bestimmte Gerüche beeinflussen lässt.

An ihrer Studie beteiligten sich 232 Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren, die normalerweise 10 bis 30 Zigaretten pro Tag rauchten und seit acht Stunden nicht mehr geraucht hatten. Die Teilnehmer wählten zunächst aus zwölf Düften diejenigen aus, die sie als angenehm empfanden darunter Gerüche von Pfefferminz, Zitronen und Vanille – sowie einen als unangenehm empfundenen Geruch. Dann zündeten sich die Testpersonen eine Zigarette ihrer jeweils bevorzugten Marke an und hielten sie zehn Sekunden in der Hand, ohne zu rauchen. Das verstärkte das bereits große Verlangen nach Nikotin noch weiter. Nachdem jeder das Ausmaß seines Rauchbedürfnisses auf einer Skala von 1 bis 100 bewertet hatte, musste der Glimmstängel im Aschenbecher ausgedrückt werden. Anschließend schnüffelten die Probanden fünf Minuten lang an einer Geruchsprobe, die sie zuvor als angenehm bezeichnet hatten, und bewerteten dabei im Abstand von einer Minute erneut ihr Verlangen nach Nikotin. Als Kontrollen dienten ein unangenehmer Geruch, ein Tabakduft und eine geruchlose Probe.

Die Stärke des Verlangens nach einer Zigarette erreichte kurz nach dem Anzünden im Durchschnitt einen Wert von 82. Dieser verringerte sich nach dem Einatmen des angenehmen Geruchs um 19 Punkte, bei den anderen Gerüchen nur um 11 Punkte. Da der Effekt des angenehmen Geruchs mindestens fünf Minuten anhielt, bliebe dem Raucher genügend Zeit, sich gegen die ersehnte Zigarette zu entscheiden oder das Weiterrauchen zumindest noch etwas länger auszusetzen, sagt Sayette. Es sei naheliegend anzunehmen, dass die Wahrnehmung eines angenehmen Geruchs von Gedanken an die nächste Zigarette ablenkt. Dabei könnten auch schöne Erinnerungen ausgelöst werden, die mit einem speziellen Duft verbunden sind. Diese Annahme wollen die Forscher in einer neuen Studie prüfen. Es seien aber auch andere Wirkmechanismen denkbar, durch die vom Riechnerv übertragene Geruchssignale kognitive und emotionale Prozesse im Gehirn derart beeinflussen könnten, dass das Verlangen nach Nikotin nachlässt. Ein praktischer Einsatz bei der Entwöhnung würde voraussetzen, dass der erwünschte Effekt des angenehmen Geruchs auch bei mehrfach wiederholter Wahrnehmung nicht nachlässt, was in zukünftigen Untersuchungen abgesichert werden soll.

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