Neue Hirnzellen entstehen lebenslang

Aber mit zunehmendem Alter sinkt die Produktion neuer Neuronen im Hippocampus – bei Alzheimer-Patienten stärker als bei neurologisch gesunden Menschen
Position des Hippocampus (rot) im menschlichen Gehirn
Position des Hippocampus (rot) im menschlichen Gehirn
© The Database Center for Life Science, (CC BY-SA 2.1 JP), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.1/jp/deed.en
Madrid (Spanien) - Erwachsene bilden neue Hirnzellen nur in bestimmten Regionen des Gehirns, beispielsweise im Hippocampus, der für das Gedächtnis wichtig ist. Die Fähigkeit zur Neurogenese lässt zwar mit steigendem Alter nach, bleibt aber lebenslang erhalten, berichten spanische Forscher im Fachblatt „Nature Medicine“. Ihre Ergebnisse seien zuverlässiger als frühere, teils widersprüchliche Resultate, weil die Verarbeitung ihrer Gewebeproben unmittelbar nach der Entnahme und besonders schonend erfolgte. Es zeigte sich, dass auch Alzheimer-Patienten noch neue Neuronen bilden können, allerdings in deutlich geringerem Maß als gleichaltrige Menschen ohne Demenz. Daher spielt möglicherweise eine beschleunigt nachlassende Neurogenese eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Demenz. Daraus könnten sich neue Ansätze für eine Therapie ergeben.

„Auch bei über 80-Jährigen neurologisch gesunden Menschen haben wir noch Tausende unreifer Neuronen im Gyrus dentatus, einem Teil des Hippocampus, identifiziert“, schreiben die Forscher um María Llorens-Martín vom Centro de Biología Molecular ‘Severo Ochoa’ in Madrid. Außerdem gebe es Hinweise dafür, dass eine gestörte Neurogenese eine Ursache für die verringerte Gedächtnisleistung bei der Alzheimer-Demenz sein könnte. Die Wissenschaftler analysierten Gewebeproben aus dem Gehirn von 45 Patienten mit Alzheimer, die im Alter zwischen 52 und 97 Jahren gestorben waren. Als Vergleich dienten Hirnproben von 13 nicht dementen, im Alter von 43 bis 87 Jahren verstorbenen Menschen.

Die Forscher ermittelten die Zahl an unreifen Neuronen im Gyrus dentatus als Maß für die Entwicklung neuer Hirnzellen aus adulten Stammzellen. Dazu dienten bestimmte, durch Färbetechniken erkennbare Zellmerkmale wie das Protein Doublecortin (DCX), das nur in Vorläuferzellen produziert wird und in reifen Neuronen nicht mehr nachweisbar ist. Es stellte sich heraus, dass in allen Gewebeproben unreife Zellen unterschiedlicher Entwicklungsstufen vorhanden waren. Deren Zahl war umso geringer, je älter die verstorbene Person war. Im Vergleich zu den nicht dementen Menschen war bei den Alzheimer-Patienten die Rate, mit der die Zahl unreifer Neuronen altersbedingt sank, stark beschleunigt. Entweder entwickelten sich bei ihnen weniger neue Zellen oder es starben mehr Zellen während der Reifung ab.

In früheren Untersuchungen konnten einige Forschergruppen bei erwachsenen Menschen keine oder nur noch eine schwache Neurogenese nachweisen. Ursache dieser Diskrepanz seien wohl methodische Unterschiede bei der Gewebepräparation, erklären die Autoren. So hinge die Qualität der Färbung, durch die unreife Neuronen identifiziert werden, von der Vorbehandlung der Gewebeproben ab – auch davon, wie schnell die Verarbeitung nach der Entnahme erfolgt. Aus ihren Ergebnissen schließen die Forscher, dass die Neurogenese bereits im Frühstadium der Alzheimer-Demenz nachlässt – noch bevor sich die krankheitstypischen Plaques entwickelt haben. Wenn es gelänge, die Produktion neuer Neuronen wieder anzukurbeln, könnte das möglicherweise den fortschreitenden Verlauf der Demenz aufhalten.

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