Mit Viren gegen Bakterien in Lebensmitteln

Ein Zusatz von Bakteriophagen in Schweinefleisch oder Milch zerstört Yersinia enterocolitica-Bakterien, einen wichtigen Erreger von Darminfektionen
3-D-Illustration von Yersinia enterocolitica-Bakterien aufgrund rasterelektronenmikroskopischer Aufnahmen
3-D-Illustration von Yersinia enterocolitica-Bakterien aufgrund rasterelektronenmikroskopischer Aufnahmen
© James Archer (Centers for Disease Control and Prevention), Illustrator: Jennifer Oosthuizen / public domain (free of any copyright restrictions)
Helsinki (Finnland) - Yersinien können mit tierischen Lebensmitteln oder durch verunreinigte Küchengeräte in den Menschen gelangen und Darminfektionen auslösen. Die Folge sind schmerzhafte, fiebrige Durchfallerkrankungen, sogenannte Yersiniosen. Jetzt haben finnische und südkoreanische Mikrobiologen Viren eingesetzt, um Yersinien in Hackfleisch und Milch abzutöten. Die hinzugegebenen Viren konnten – selbst bei Kühlschranktemperaturen – die Krankheitserreger vollständig eliminieren, berichten die Forscher im „International Journal of Food Microbiology“. Sie halten es für praktikabel, mit dieser Methode auch die Gefahr anderer bakterieller Lebensmittelinfektionen verringern zu können.

„Unser Verfahren ist ein Modell dafür, wie eine Behandlung mit Bakteriophagen gefährliche Infektionen verhindern könnte, die von kontaminierten Lebensmitteln ausgehen“, sagt Mikael Skurnik von der Universität Helsinki. Bakteriophagen sind Viren, die nur Bakterien befallen. Aus Abwasserproben isolierten die Forscher 17 Arten von Phagen, die das Bakterium Yersinia enterocolitica infizieren und abtöten. Dabei erwies sich ein Stamm von DNA-Viren aus der Familie der Myoviridae am effektivsten. Diese vermischten die Biologen mit rohem und gebratenem Schweinehackfleisch sowie mit Milch, nachdem diese Nahrungsmittel zuvor mit Yersinien verunreinigt worden waren. Das gebratene Fleisch wurde zwölf Stunden bei 26 Grad aufbewahrt, die beiden anderen Proben drei Tage bei 4 Grad gelagert.

In allen Fällen vermehrten sich die Phagen, während die Bakterienkeimzahlen auf Werte unter der Nachweisgrenze sanken. In den Vergleichsproben ohne Virenzusatz vermehrten sich die Yersinien innerhalb von drei Tagen auch bei kühler Lagerung stark. Bei Schneidebrettern und Küchenmessern, die mit Yersinien kontaminiert waren, wurden die Bakterien durch die Viren innerhalb von zwei Stunden vollständig eliminiert. Um die Unbedenklichkeit der Phagen zu prüfen, verabreichten die Forscher eine Suspension der Viren an Mäuse. Im Beobachtungszeitraum von 28 Tagen traten danach keine erkennbaren Nebenwirkungen auf. Gegen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko spricht auch die unvorstellbar große Zahl an verschiedenen Phagen, die im menschlichen Darm existieren und die Darmflora als Wirtsbakterien nutzen.

„Es gäbe die Möglichkeit, einen Mix unterschiedlicher Phagen zu verwenden, die gleichzeitig mehrere Erreger von Darminfektionen beseitigen könnten, darunter Campylobacter jejuni und Salmonellen“, sagt Skurnik. So wie man zurzeit den Einsatz von Phagen als Ersatz für unwirksame Antibiotika in der Medizin prüft, sei die Verwendung solcher Viren auch als Routineverfahren in der Lebensmittelindustrie denkbar. Vielleicht könnten spezielle Phagenmixturen sogar präventiv dem Trinkwasser von Tieren zugesetzt werden, um die Infektionsgefahr von Fleischprodukten zu senken.

Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kommt es in Deutschland jährlich zu mehr als 200.000 Fällen von Lebensmittelinfektionen. Zu den häufigsten bakteriellen Erregern gehören Salmonellen, Campylobacter jejuni, Yersinia enterocolitica und darmpathogene E. coli-Stämme. Lebensmittelbedingte Infektionen gefährden weltweit die öffentliche Gesundheit. Yersinien sind an Kälte angepasst und können sich auch bei Kühlschranktemperaturen stark vermehren.

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