Kräuterduft bindet Vogeleltern stärker ans Nest

Von Staren beim Nestbau verwendete aromatische Kräuter beeinflussen das Verhalten der brütenden Vögel, so dass die Temperatur der Eier weniger schwankt
Der Star (Sturnus vulgaris) ist „Vogel des Jahres 2018“.
Der Star (Sturnus vulgaris) ist „Vogel des Jahres 2018“.
© Hans / pixabay.com, CC0 1.0 Universell (CC0 1.0), https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
Glasgow (Großbritannien) - Stare verwenden zum Bau ihres Nestes oft auch aromatisch riechende Blätter von Schafgarbe und anderen Kräutern. Dieses Nistmaterial trägt indirekt dazu bei, die Eier warm zu halten, berichtet jetzt ein internationales Team von Biologen. In Nestern mit frischen Blättern unterbrachen die Vögel ihr Brutgeschäft seltener, so dass das Gelege nicht so oft wegen Abwesenheit der Eltern abkühlte. Dadurch schlüpften die Küken früher und erreichten ein höheres Körpergewicht als in anderen Nestern, schreiben die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B“. Sie vermuten, dass der Kräuterduft auf das Verhalten der brütenden Vögel einwirkt und so den Bruterfolg steigert.

„Unsere Experimente zeigen einen neuen Mechanismus, durch den Vogeleltern ihr Brutverhalten zum Vorteil ihrer Nachkommen beeinflussen“, erklären die Wissenschaftler um Barbara Helm von der University of Glasgow. Brütende Vögel müssen immer wieder mal das Nest verlassen, um Nahrung zu suchen. Wenn dadurch die Temperatur der Eier zu oft oder zu stark absinkt, gefährdet das die Entwicklung der Küken. Helm und ihre Kollegen untersuchten, ob der Einsatz frischer Blätter beim Nestbau von Staren dazu beitragen könnte, die Eier auf einer möglichst gleichbleibenden Temperatur zu halten. Das Starenmännchen nutzt als Nistmaterial neben kleinen Zweigen und trockenem Gras Blätter aromatischer Kräuter – mit Vorliebe Schafgarbe, aber auch Wiesenkerbel, Bärenklau oder Holunder. Warum sie das tun, ist nicht geklärt. Die Menge an grünen Blättern in einem Nest variiert stark und kann bis zu 350 Gramm betragen.

Für ihre Freilandexperimente tauschten die Forscher 36 Nester in den Nistkästen einer Starenkolonie zu Beginn der Brutzeit aus. Die Hälfte der Kästen befüllten sie mit 80 Gramm trockenem Gras, die andere Hälfte mit jeweils 40 Gramm Gras und derselben Menge einer Mischung frischer Kräuter. Nach Abschluss der Eiablage bestand das Gelege in beiden Nesttypen aus durchschnittlich fünf bis sechs Eiern. Jeweils eines davon tauschten die Biologen gegen ein Temperaturmessgerät in Eiform aus. Bis zum Schlüpfen dauerte es im Schnitt 13 Tage. Die kontinuierliche Messung ergab, dass die Temperatur in den Nestern mit Kräutern höher war und weniger stark schwankte als in den anderen Nestern. Doch anders als vermutet beruhte dieser Effekt weder auf einer Wärmeproduktion bei der Zersetzung der grünen Blätter noch auf einer isolierenden Wirkung gegen Wärmeverlust.

Vielmehr wurden die Gelege in den Kräuternestern pro Tag länger und mit kürzeren Unterbrechungen bebrütet. Deshalb kühlten die Eier zwischenzeitlich weniger ab und erwärmten sich schneller wieder. Dieser Unterschied war in der ersten Hälfte der Brutphase besonders deutlich. Das spreche nach Ansicht der Autoren dafür, dass leicht flüchtige Inhaltsstoffe der Blätter auf das Verhalten der Vögel einwirken, da solche Aromastoffe nicht länger als etwa neun Tage lang freigesetzt werden. Möglicherweise hätten Duftstoffe bestimmter Pflanzen eine pharmakologische Wirkung, die einen brütenden Vogel dazu bringt, länger im Nest zu verweilen. Daran könne eine leicht sedative Wirkung der Schafgarbe beteiligt sein. Auch eine Abwehr von Parasiten durch pflanzliche Duftstoffe könnte dazu beitragen, dass Vogeleltern längere Zeit im Nest verweilen. Diese Vermutung müsste in weiteren Untersuchungen überprüft werden.

Bedingt durch die erhöhte Temperatur, entwickelten sich in den Kräuternestern die Embryonen schneller und die Nestlinge hatten im Alter von einer Woche ein größeres Körpergewicht erreicht als die Küken in den anderen Nestern. Überraschenderweise beeinflusste das Nistmaterial noch ein weiteres Verhalten der brütenden Vögel: Sie verließen morgens früher das Nest zur Nahrungssuche. Das wärmere Nest könnte es den Staren erleichtern, sich früher als andere den kühlen Morgenstunden auszusetzen, was mit Vorteilen bei der Futtersuche verbunden ist und der biologischen Fitness zugute kommt.

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