Blaumeisen: Männchen füttern brütende Weibchen mal mehr, mal weniger

Die werdenden Väter machen ihr Catering-Engagement von Umweltbedingungen und dem Alter ihrer Partnerin abhängig
Brütende Blaumeisen-Weibchen werden von den Männchen mit Futter versorgt.
Brütende Blaumeisen-Weibchen werden von den Männchen mit Futter versorgt.
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Groningen (Niederlande) - Bei den Blaumeisen brüten nur die Weibchen die Eier aus und werden in dieser Zeit von den Männchen gefüttert. Wie stark sich ein Männchen dabei engagiert, hängt von den Umweltbedingungen und dem Alter des Weibchens ab, berichten jetzt niederländische Biologen. Demnach füttert das Männchen seine Partnerin weniger, wenn die Umgebungstemperatur steigt und wenn in Nestnähe ausreichend Nahrung zur Verfügung steht. Dagegen werden junge Weibchen, die zum ersten Mal brüten, besser versorgt als ältere, schreiben die Forscher im Fachblatt „Behavioral Ecology and Sociobiology”. Das variable Verhalten der Männchen sichert einerseits den gemeinsamen Bruterfolg auch unter schwierigen Verhältnissen und begrenzt andererseits die Belastung für die Eltern.

„Günstige Bedingungen wie eine hohe Umgebungstemperatur und ein gutes Nahrungsangebot erlauben es den Weibchen, mehr Zeit außerhalb des Nestes zu verbringen, so dass sie sich selbst besser versorgen können“, sagt Seyed Mehdi Amininasab aus der Arbeitsgruppe von Jan Komdeur an der Universität Groningen. Bei warmem Wetter kühlen die Eier nicht so stark ab, wenn das Weibchen das Nest verlässt. Zudem verkürzt sich die Zeit der Abwesenheit, wenn Nahrung ganz in der Nähe verfügbar ist. Die Biologen beobachteten das Verhalten von Blaumeisen zu Beginn der Brutperiode. Dazu nutzten sie Messgeräte, die die Temperatur in 92 Nistkästen und der Umgebung aufzeichneten. Zusätzlich statteten sie 63 der Nistplätze mit Infrarotkameras aus. Damit registrierten sie, wie häufig die Männchen Nahrung brachten und wie oft und für wie lange ein Weibchen während des Brütens ihre Eier verließ.

Die Männchen erschienen durchschnittlich etwa zweimal pro Stunde, um ihr Weibchen zu füttern. Die Häufigkeit dieser Besuche sank bei steigender Umgebungstemperatur. Sie verringerte sich auch dann, wenn in der Nähe des Nistkastens mehrere fruchttragende Laubbäume wuchsen, die als Futterplätze zur Verfügung standen. Die Männchen schränkten also ihre Fütterungsaktivität ein, wenn das dank günstiger Umweltbedingungen den Bruterfolg nicht gefährdete. Die Phasen, in denen die Weibchen ihr Gelege verließen, dauerten im Schnitt nicht länger als neun Minuten. Bei einjährigen Weibchen sanken die Temperaturen im Nest vorübergehend stärker ab als bei den älteren. Jungen, unerfahrenen Vogelmüttern gelingt es demnach weniger gut, ihre Eier warm zu halten. Das gleichen die Männchen gewissermaßen dadurch etwas aus, dass sie jüngere Weibchen häufiger füttern als ältere. So müssen diese das Brüten weniger oft unterbrechen, was der Entwicklung der Küken zugute kommt. Offenbar können die Männchen irgendwie abschätzen, wie sehr sie sich beim Füttern engagieren sollten, um die Brut nicht zu gefährden. Das Alter des Männchens hatte keinen Einfluss darauf, wie häufig es seine Partnerin mit Nahrung versorgte.

Ganz allgemein liegt dem Brutpflegeverhalten ein Kompromiss zwischen großem Fortpflanzungserfolg und Selbsterhaltung zugrunde. Die Eltern müssen abwägen, wie viel Energie sie für den Nachwuchs aufwenden, ohne sich selbst zu sehr zu schaden. Daher hat es sich – wie im vorliegenden Fall – im Lauf der Evolution wohl als vorteilhaft erwiesen, dieses Verhalten veränderten Bedingungen anpassen zu können.

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