Kommunikation mit der Schwanzrassel

Klapperschlangen reagieren auf Annäherung eines Menschen, indem sie – abhängig von der Distanz – ihre Rasselfrequenz verändern
Texas-Klapperschlange (Crotalus atrox), bereit zum Rasseln
Texas-Klapperschlange (Crotalus atrox), bereit zum Rasseln
© Tobias Kohl, Lizenz: CC BY-NC-SA
München - Mit ihrer Rassel am Schwanzende erzeugen Klapperschlangen Warnlaute, die größere Säugetiere davon abhalten, näher zu kommen. Wird ein bestimmter Sicherheitsabstand unterschritten, erhöhen die Schlangen ihre Rasselfrequenz abrupt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die Schlange näher ist, als es der Wirklichkeit entspricht, was die abschreckende Wirkung verstärkt. Die Tiere schützen sich durch dieses Verhalten zum Beispiel davor, von Huftieren zertreten zu werden. Dabei reagiert ihr Warnsystem stärker auf die Geschwindigkeit der Annäherung als auf die Größe des bedrohlichen Tieres, wie Münchner Biologen im Fachblatt „Current Biology“ berichten.

„Um ihre Anwesenheit kundzutun, beschränken sich die Schlangen nicht auf das Rasseln: Sie haben ein akustisches Abstandswarnsystem entwickelt, das ähnlich funktioniert wie eine Einparkhilfe bei Autos“, sagt Boris Chagnaud von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hatte beobachtet, dass Texas-Klapperschlangen (Crotalus atrox) die Frequenz ihres Rasselns steigerten, wenn er sich den Tieren näherte, und verringerten, wenn er sich wieder entfernte. Wie anschließende Experimente zeigten, erhöhten die Schlangen die Frequenz bei Annäherung eines menschenähnlichen Körpers oder eines anderen bedrohlichen Objekts zunächst ganz allmählich auf etwa 40 Hertz. Verringerte sich die Distanz weiter, stieg die Frequenz sehr abrupt auf 60 bis 100 Hertz. Dieser Frequenzsprung erfolgte umso früher, je schneller sich das Objekt bewegte.

Wie Menschen diese Frequenzänderungen wahrnehmen, untersuchten die Forscher in einer durch virtuelle Realität simulierten Umgebung. Dabei bewegten sich die Testpersonen scheinbar in einer Graslandschaft und näherten sich einer versteckten Klapperschlange, die ihre typischen Warnlaute erzeugte. Deren Frequenz nahm zunächst stetig von 5 auf 20 Hertz zu und stieg dann bei einer Distanz von vier Metern sehr schnell auf 70 Hertz an. Die Testpersonen sollten stehen bleiben, wenn sie den Eindruck hatten, dass die Schlange nur noch einen Meter entfernt war. Als Kontrolle diente eine virtuelle Annäherung bei einer gleichbleibenden Rasselfrequenz von 12 Hertz.

Der schnelle Frequenzsprung hatte zur Folge, dass die Probanden in größerem Abstand von der Schlange anhielten. „Die plötzliche Frequenzänderung wirkt als intelligentes Signal, das den Empfänger darüber täuscht, wie weit die aktuelle Tonquelle entfernt ist“, sagt Chagnaud. Diese Fehlinterpretation vergrößere die Spanne des Sicherheitsabstands für die Schlange. Die Schwanzrassel, so die Autoren, habe sich offenbar im Lauf der Evolution zu einem ungewöhnlichen Werkzeug der Kommunikation zwischen verschiedenen Tierarten entwickelt.

Klapperschlangen setzen ihr Gift einerseits als Lauerjäger ein, um Mäuse, Streifenhörnchen, Kaninchen und andere Kleinsäuger zu töten. Andererseits verteidigen sie sich nötigenfalls auch durch einen Biss mit Giftinjektion, wenn sie durch die Annäherung größerer Säugetiere bedroht werden und die Warnung mit der Schwanzrassel erfolglos war. Die Schwanzrassel besteht aus ineinander verschachtelten Hornschuppen, die beim Schütteln laute Rasselgeräusche erzeugen.

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