Jahreszeit beeinflusst Denkleistung alter Menschen
„Die Aufklärung der Mechanismen, die dem jahreszeitlichen Einfluss auf kognitive Leistungen zugrunde liegen, eröffnet neue Möglichkeiten der Alzheimer-Therapie“, schreiben Andrew Lim von der University of Toronto und seine Kollegen. Die Forscher nutzten Daten von fünf Studien aus Kanada, Frankreich und den USA, an denen insgesamt 3353 über 60 Jahre alte Menschen teilgenommen hatten. Durch standardisierte Testverfahren ermittelten sie Konzentrationsfähigkeit und Denkleistungen der Männer und Frauen. Von 321 Probanden wurden Liquorproben aus dem Rückenmark auf den Gehalt an Beta-Amyloid 42 untersucht, ein Eiweißstoff, der für die krankheitstypischen Ablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten verantwortlich ist. Bei 507 von 1410 verstorbenen Teilnehmern analysierten die Forscher die Aktivität bestimmter Gene im präfrontalen Cortex, einer für kognitive Leistungen relevanten Hirnregion.
Sowohl für gesunde Personen als auch für Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen oder einer nachgewiesenen Alzheimer-Demenz ergab sich ein enger Zusammenhang zwischen Denkleistung und Jahreszeit der Untersuchung. In der Übergangszeit zwischen Sommer und Herbst erreichten die gemessenen kognitiven Fähigkeiten maximale Werte. Die Differenz zu den niedrigsten Jahreswerten war so groß wie die durchschnittliche Abnahme geistiger Fähigkeiten durch normales Altern in 4,8 Jahren. Außerdem waren im Winter und Frühling die diagnostischen Kriterien für eine leichte und schwere Demenz um 30 Prozent ausgeprägter als bei Untersuchungen im Sommer und Herbst. Einige der im Hirngewebe analysierten Gene, die für kognitive Leistungen eine Rolle spielen, zeigten eine parallel verlaufende zeitliche Veränderung ihrer Aktivitäten. Mögliche Einflussfaktoren wie depressive Störungen, Schlafdauer und das Ausmaß körperlicher Betätigungen der Testpersonen wurden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt.
Wenn geklärt ist, welche jahreszeitlich veränderten Faktoren die erhöhte beziehungsweise verringerte Hirnleistung verursachen, könnten vielleicht Maßnahmen entwickelt werden, die einem Nachlassen geistiger Fähigkeiten entgegenwirken. Umwelteinflüsse wie Licht und Temperatur sowie der Jahreszeit angepasstes Verhalten, eine wechselnde Ernährung oder ein veränderter Stoffwechsel sollten daraufhin genauer untersucht werden. Auch Schwankungen im Testosteron-, Melatonin- oder Vitamin D-Spiegel im Lauf eines Jahres könnten eine Rolle spielen.
Demenz: Fitnessprogramm zeigt keine Wirkung
Positive Einstellung zum Alter senkt Demenzrisiko
Demenzrisiko: Instabiler Blutdruck im Alter