Eingefrorenes Licht

Spezielle Materialien können Lichtwellen fast bis zum Stillstand abbremsen und damit ganz neue Anwendungsfelder erschließen
Drei eintretende Laserpulse werden in der dünnen Siliziumschicht beinahe zum vollständigen Stillstand gebracht.
Drei eintretende Laserpulse werden in der dünnen Siliziumschicht beinahe zum vollständigen Stillstand gebracht.
© K. L. Tsakmakidis et al.
London (UK) - Nichts ist schneller als das Licht. Und die ungeheure Geschwindigkeit von Licht ist zwar für viele Anwendungen sehr praktisch, wie etwa in der Telekommunikation. In einigen Fällen wäre es jedoch besser, möglichst langsame Lichtwellen zur Verfügung zu haben. So ließen sich etwa in der Datenverarbeitung Informationen einfacher speichern und auswerten oder neuartige optische Computer bauen. Ein Team englischer Physiker hat nun eine neue Materialkombination vorgeschlagen, die Licht fast bis zum Stillstand abbremsen kann. Wie die Forscher im Fachblatt „Physical Review Letters“ schreiben, können sie so einen Verzögerungsfaktor von bis zu 15 Millionen erreichen. Damit bewegt sich das Licht in der dünnen Schicht des sandwichartig aufgebauten Materials nur noch mit rund zwanzig Metern pro Sekunde. Der Aufbau funktioniert bei Lichtwellen mit einer Frequenz, wie sie auch in der Telekommunikation eingesetzt wird. Die Forscher hoffen deshalb, mit diesem oder ähnlichen Ansätzen ganz neue Anwendungsfelder zu erschließen.

„Für viele photonische Anwendungen ist es erstrebenswert, Licht bis zum Stillstand zu bringen“, sagt Kosmas Tsakmakidis von der University of California in Berkeley. Mit langsamen Lichtwellen könnte man in zahlreichen Bereichen Dinge umsetzen, die heute noch im Bereich des Unmöglichen liegen. Nicht nur die Datenverarbeitung in winzigen Nanodimensionen, sondern auch neuartige Laser sowie die biomolekulare und medizinische Bildgebung könnten von diesen Technologien profitieren. Eventuell ließe sich damit sogar die Effizienz von Solarzellen erhöhen.

Bislang gibt es schon einige Medien, die Licht stark abbremsen. Aber entweder verwandeln sie die Lichtwellen in Anregungszustände des Materials, was den Umgang mit ihnen erschwert. Oder sie verzögern Licht nur etwa um einen Faktor 100 und damit nicht stark genug für viele Anwendungen. Die neue Materialkombination soll diese Probleme umgehen. Sie besteht aus einer hauchfeinen Siliziumschicht von knapp einem drittel Mikrometer, die zwischen zwei fast genauso dünnen Indiumzinnoxidplatten liegt.

Wenn infrarotes Licht durch das Indiumzinnoxid in die Siliziumschicht eintritt, verhält sich das Material wie ein Wellenleiter, in dem das Licht vorwärts und rückwärts gelenkt wird. Dies reduziert die effektive Geschwindigkeit der Lichtwellen enorm. Noch funktioniert der Trick aber nur mit kurzen Laserpulsen. Außerdem geht bei dem Prozess ein großer Teil des Lichts verloren, so die Wissenschaftler. Für Anwendungen mit hoher Effizienz müssten deshalb passende Verstärkermedien gefunden werden. Ansonsten besitzt das Material sehr wünschenswerte Eigenschaften: Es hält die Lichtwellen so fest, wie sie sind, ohne sie deutlich aufzuweiten oder ihre Frequenz zu verändern.

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