Doch nicht unbedenklich: Üblicher Zusatzstoff in vielen Lebensmitteln schädigt Darmflora

Die Emulgatoren Polysorbat 80 und Carboxymethylcellulose verändern bei Mäusen das Artenspektrum der Darmbakterien, was zu Darmentzündungen und Fettleibigkeit führt
Darmbakterien (rot) haben die Schleimschicht (grün) bereits weitgehend durchdrungen und sind der Darmschleimhaut (blau/violett) sehr nahe gekommen.
Darmbakterien (rot) haben die Schleimschicht (grün) bereits weitgehend durchdrungen und sind der Darmschleimhaut (blau/violett) sehr nahe gekommen.
© Dr. Benoit Chassaing
Atlanta (USA) - Zahlreiche industriell hergestellte Lebensmittel enthalten zugesetzte Emulgatoren. Diese Substanzen erleichtern unter anderem die Erzeugung von Öl-in-Wasser-Emulsionen und gelten als unbedenklich. Doch jetzt konnten amerikanische Mediziner in Tierversuchen zeigen, dass zwei dieser Zusatzstoffe, wenn sie längere Zeit aufgenommen werden, die Darmflora von Mäusen verändern und Entzündungsreaktionen auslösen. Dadurch erhöhte sich nicht nur das Risiko für chronisch-entzündliche Darmkrankheiten, die Tiere erkrankten auch eher an Fettleibigkeit und Diabetes, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature“. Ob die Resultate auf den Menschen übertragbar sind und in Zusammenhang mit der globalen Fettleibigkeitsepidemie stehen, müssen weitere Untersuchungen klären.

„Unsere Ergebnisse bestätigen eine frühere Annahme, wonach eine gestörte Darmflora zu einer leichten Entzündung führt, welche die Ursache für übermäßiges Essen sein kann“, sagt Andrew Gewirtz von der Georgia State University in Atlanta. Sein Forscherteam verabreichte Mäusen mit dem Trinkwasser die Emulgatoren Polysorbat 80 oder Carboxymethylcellulose in einer auch für Lebensmittel noch erlaubten Konzentration von 1 %. Nach zwölf Wochen beobachteten sie in beiden Fällen zum einen eine veränderte Verteilung von Bakterien im Darm: Normalerweise verhindert eine dicke Schleimschicht den direkten Kontakt zwischen Mikroben und Zellen der Darmschleimhaut. Bei den Versuchstieren hatte sich die Dicke der Schleimschicht verringert, so dass der Abstand zwischen Bakterien und Schleimhaut auf weniger als die Hälfte geschrumpft war.

Zum anderen hatten die Emulgatoren das Artenspektrum der Darmbakterien verändert. Während beispielsweise die Keimzahlen von Bacteroides-Arten zurückgingen, erhöhte sich der Anteil anderer Spezies, die in den Schleim eindringen und Abwehrreaktionen des Immunsystems auslösen können. Bei einem speziellen Mäusestamm beschleunigte sich dadurch die Entwicklung einer chronischen Colitis. Normale Mäuse erkrankten im Versuchszeitraum vermehrt an Fettleibigkeit und zeigten Anzeichen von Diabetes, entwickelten also Merkmale des sogenannten metabolischen Syndroms.

Diese Auswirkungen der Emulgatoren traten bei keimfrei aufgezogenen Mäusen, denen die Darmbakterien ganz fehlten, nicht auf. Wurden solchen Mäusen aber die veränderten Darmkeime der anderen Tiere übertragen, kam es auch hier zu Entzündungsreaktionen und Fettleibigkeit. Das beweist, dass der schädliche Effekt der Emulgatoren über die Darmkeime vermittelt wird. Die Forscher wollen nun weitere emulgierende Lebensmittelzusatzstoffe testen und auch deren Einfluss auf den menschlichen Darm prüfen. Möglicherweise seien neue gesetzliche Regeln für den Einsatz solcher Stoffe nötig. Die Autoren vermuten, dass der in den vergangenen 50 Jahren stark erhöhte Konsum an Lebensmitteln mit Emulgatoren mitverantwortlich sein könnte für die im gleichen Zeitraum weltweit epidemieartig angestiegene Zahl an fettleibigen Menschen.

Polysorbat 80 ist als Lebensmittelzusatzstoff E 433 zugelassen und beispielsweise in Eiscreme oder Margarine enthalten. Carboxymethylcellulose (E 466) findet man auch in Mayonnaisen, Saucen und Gelee.

© Wissenschaft aktuell


 

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