Dinosaurier waren keine schnellen Brüter

„Unsere Ergebnisse könnten vermutlich helfen zu verstehen, warum die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit ausgestorben sind, während andere Reptilien sowie Amphibien, Vögel und Säugetiere bis heute überlebt haben“, sagt Gregory Erickson von der Florida State University in Tallahassee, der Leiter des Forscherteams. Verschiedene Vogelarten bebrüten ihre Gelege je nach Größe der Eier nur 11 bis 85 Tage lang. Bei heute lebenden Reptilien dauert es, umgerechnet auf dieselbe Eigröße, doppelt so lange, bis die Entwicklung des Embryos abgeschlossen ist. Ein Grund dafür ist die Erwärmung beim Brüten im Vogelnest. Da zumindest einige Arten der Saurier warmblütig waren, ging man davon aus, dass ihre Jungen ähnlich schnell schlüpften wie die Küken der Vögel und dass die Vögel als Nachkommen der Saurier dieses Merkmal übernommen hätten. Jetzt stellt sich heraus, dass dies nicht so ist.
Die Forscher wählten zwei Arten von Dinosauriern aus der Gruppe der Ornithischia aus, von denen Funde versteinerter Eier mit bereits weit entwickelten Embryonen verfügbar waren. Das Ei des knapp zwei Meter langen Protoceratops andrewsi wog 194 Gramm. Der etwa neun Meter lange Hypacrosaurus stebingeri aus der Gruppe der Hadrosaurier legte Eier von der Größe eines Volleyballs, die mit einem Gewicht von mehr als vier Kilogramm zu den größten Saurier-Eiern zählen. Mit Hilfe von Computertomographie-Scans der Kiefer stellten die Wissenschaftler zunächst den Entwicklungsstand der Zahnbildung fest. Mit einem Spezialmikroskop untersuchten sie dann Präparate einzelner Zähne. Im Dentin, der knochenähnlichen Kernsubstanz aller Zähne, identifizierten sie Wachstumszonen, die an Jahresringe eines Baumstamms erinnern – während der Zahnbildung entstand genau eine Wachstumslinie pro Tag. „Wir brauchten die Linien nur zu zählen, um herauszufinden, wie lange die Entwicklung gedauert hat“, sagt Erickson.
Es zeigte sich, dass die Protoceratops-Embryonen bei ihrem Tod 83 Tage und die größeren Hypacrosaurus-Embryonen 171 Tage alt waren. Diese Entwicklungszeiten sind mehr als doppelt so lang, wie sie es für Vögel wären, die – rein theoretisch – gleich große Eier legen würden. Dagegen stimmen die ermittelten Zeiten gut mit denen überein, die bei heutigen Reptilien zu erwarten wären. Demnach verkürzte sich die Bebrütungsdauer bei den Vögeln im Lauf der Evolution erst, nachdem sich die Entwicklungslinien von Vögeln und Reptilien bereits getrennt hatten. Es wäre jetzt interessant, Eier von Dinosauriern zu untersuchen, die wie die befiederten Velociraptoren enger mit den späteren Vögeln verwandt sind, schreiben die Autoren.
Die sehr lange Entwicklungsdauer in den Eiern könnte sich für die Saurier als nachteilig erwiesen haben. Denn dadurch war der Nachwuchs längere Zeit durch Nesträuber bedroht und widrigen Umwelteinflüssen schutzlos ausgesetzt. Die deutlich schnellere Entwicklung bei frühen Vögeln und Säugetieren könnte diesen Konkurrenten einen Überlebensvorteil verschafft haben, der ihnen geholfen hat, das große Artensterben vor 65 Millionen Jahren zu überstehen – was den Dinosauriern nicht gelungen ist.
Fossile Geschlechtsbestimmung bei Dinosauriern
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