Dauermagnete ohne Niob oder Kobalt

Metallorganische Kristalle zeigen erstmals auch bei Raumtemperatur sehr gute magnetische Eigenschaften
Illustration des Aufbau der magnetischen Materialien aus metall-organischen Verbindungen.
Illustration des Aufbau der magnetischen Materialien aus metall-organischen Verbindungen.
© Rodolphe Clérac
Pessac (Frankreich) - Nicht nur im Kompass, auch in Elektromotoren, Lautsprechern oder Festplattenlaufwerken sind Permanentmagnete zwingend nötig. Sie bestehen aus schweren Metalllegierungen teilweise begrenzt verfügbarer Elemente wie Kobalt oder Neodym. Als leichtere und günstigere Alternative bieten sich spezielle, metallorganische Verbindungen an. Einige Kandidaten wurden bereits entwickelt, doch bieten diese bei Raumtemperatur bisher nur enttäuschende magnetische Eigenschaften. Dieses Problem behoben nun französische Materialforscher. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, synthetisierten sie eine metallorganische Verbindung, die auch bei Raumtemperatur stabile, magnetische Eigenschaften zeigte.

Im grundsätzlichen Aufbau ähneln sich die bisher entwickelten metallorganischen Materialien: Ein Metallion wird von organischen Molekülgruppen, den sogenannten Liganden umgeben. Rodolphe Clérac von der Université de Bordeaux in Pessac wählte zusammen mit seinen Kollegen ein Material, in dem ein Chrom-Ion von zwei Pyrazin-Liganden, einer aromatisch-organischen Verbindung umgeben wird. Dieses metall-organisches Material kann über mehrere chemische Reaktionen hergestellt werden und liegt für Versuche als ein gräuliches, kristallines Pulver vor. Die Gruppe um Clérac optimierte dieses Material durch einen chemischen Reduktionsprozess.

Mit mehreren spektroskopischen Methoden – auch unter Einsatz von intensiver Röntgenstrahlung am Synchrotronlabor ESRF in Grenoble – bestimmten die Forscher die elektronische Struktur der metallorganischen Substanz. Dabei zeigte sich, dass sich die Umlaufbahnen der Elektronen – die Orbitale – der enthaltenen Chrom- und Chloratome so überlagerten, dass sich ein magnetisches Moment über das gesamte Material bilden konnte. Weitere Analysen ergaben, dass die Substanz bis zu einer relativ hohen Temperatur von bis zu 242 Grad Celsius magnetisierbar war. Beim Raumtemperatur wies das Material eine magnetische Koerzitivfeldstärke von 7500 Oersted auf. Dieser hohe Wert bedeutet, dass starke Magnetfelder nötig sind, um das Material zu magnetisieren oder auch zu entmagnetisieren. Einmal magnetisiert steht also ein sehr stabiler Magnet zur Verfügung; eine wichtige Bedingungen für technische Anwendungen.

Mit dieser Arbeit belegen Clérac und Kollegen, dass synthetische, metallorganische Substanzen sich vergleichbar gut magnetisieren lassen wie anorganische Dauermagnete aus Eisen, Kobalt und Nickel oder Samarium und Kobalt. Dabei wiegen sie nur etwa ein Fünftel und lassen sich aus günstigeren Grundstoffen herstellen. „Diese metallorganischen Magnete können in einigen Anwendungen gut mit traditionellen, anorganischen Magneten konkurrieren“, sagt Clérac. Der Grundlagenforscher schlägt dazu beispielsweise magnetische Sensoren oder Datenspeicher für Smartphones oder Satelliten vor. Doch davor gilt es, geeignete Verfahren für die Produktion metallorganischer Magnete im größeren Maßstab zu entwickeln.

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