Das Geheimnis der schwarzen Falter
Die meisten Schmetterlingsflügel sind aus zwei Chitin-Lagen aufgebaut. Ist die untere weistestgehend glatt, weist die obere Nanostrukturen auf. Beide Schichten sind über zahlreiche filigrane Nanosäulen, die sogenannten Trabekel, miteinander verbunden. Diese Strukturen untersuchten Alex Davis und seine Kollegen von der Duke University in Durham bei zehn unterschiedlichen Schmetterlingsarten. Alle zeigten tiefschwarze Flügelbereiche auf, die nur 0,06 bis 0,4 Prozent senkrecht einfallenden Lichts reflektierten, also einfallendes Licht fast vollständig absorbierten.
Unter einem Elektronenmikroskop offenbarte sich den Forschern eine große Vielfalt der Nanostrukturen. Mal zeigte die obere Flügelschicht ein Wabenmuster, mal V-förmige, mal rechteckige Strukturen mit Löchern unterschiedlicher Größe. „Daher vermuteten wir, dass weder die Form der Struktur noch die Größe der Löcher für die sehr geringe Lichtreflexion verantwortlich sein konnten“, sagt Alex Davis. Dagegen ähnelten sich die Strukturen aller tiefschwarzen Flügel in einem anderen Punkt: Alle wiesen überraschend lange Nanosäulen zwischen den Chitinschichten auf. Der Schmetterling mit dem schwärzesten Schwarz – ein Edelfalter der Art Catonephele antinoe – hatte Trabekel von bis zu 1200 Nanometer Länge.
Die Wirkung dieser langen Trabekel erkannte Davis nicht nur am extremen Schwarz der Schmetterlingsflügel, sondern auch in zahlreichen Computersimulationen: Je länger die Nanosäulen sind, desto tiefer dringt einfallendes Licht ein. Da die Lichtwellen in dem Flügel mehrfach auf die Wände der Nanosäulen treffen, werden sie immer mehr geschwächt. Die Folge ist eine nahezu perfekte Lichtabsorption, von außen als tiefes Schwarz erkennbar.
In weiteren Versuchen wollen Davis und Kollegen nun dem Sinn von tiefschwarzen Flügelbereichen auf den Grund gehen. Ein Vorteil könnte darin liegen, dass die bunten Strukturfarben umso schillernder und kontrastreicher wirken, je schwärzer benachbarte Flügelbereiche sind. Das könnte beim Anlocken von Paarungspartnern eine Rolle spielen. Eine andere Hypothese geht davon aus, dass sich tiefschwarze Flügel durch die sehr gute Lichtabsorption schneller aufwärmen. Damit könnten Schmetterlinge beim Sonnenaufgang schneller flugfähig werden, da dazu die Flügel eine Mindesttemperatur aufweisen müssen.