Atombomben als Regenmacher

Kernwaffentests führten zu einer verstärkten Ionisation der Atmosphäre und lokal stärkerem Niederschlag
Die Wetterstation in Lerwick auf den Shetland-Inseln.
Die Wetterstation in Lerwick auf den Shetland-Inseln.
© Keri Nicoll, University of Reading and University of Bath
Reading (Großbritannien) - Mehr als 2000 Kernwaffentests führten die Atommächte seit 1945 durch, die meisten davon während des Kalten Krieges in den 1950er und frühen 1960er Jahren. Gerade die oberirdisch durchgeführten Explosionen führten nicht nur zu einer erhöhten Radioaktivität. Sondern sie hatten selbst in weit von den Testgeländen entfernten Regionen auch Einfluss auf das Wetter. Diesen Zusammenhang ermittelten nun britische Wissenschaftler auf der Basis historischer Wetterdaten. Ihre Analyse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

„Die Atomversuche geben uns eine einmalige Möglichkeit, den Einfluss elektrischer Ladungen auf Regen zu ermitteln“, sagt Atmosphärenphysiker Giles Harrison von der University of Reading. Gemeinsam mit seinen Kollegen analysierte er die Wetterdaten, die zwischen den Jahren 1962 und 1964 an zwei Wetterstationen – eine in Kew nahe London, die andere in Lerwick auf den Shetland-Inseln vor Schottland – aufgezeichnet wurden. Während dieses Zeitraums ereigneten sich auch oberirdische Atombombenversuche, die die Radioaktivität erhöhten und zu einer verstärkten Ionisierung der Atmosphäre führten.

In der Datenmenge machten die Forscher zwei längere Zeiträume aus, die zum einen eine relativ geringe und zum anderen eine erhöhte Ionisiation der Atmosphäre zeigten. Zwei Monate lang waren die Werte mit knapp drei Picoampere pro Quadratmeter etwa 50 Prozent höher als im Vergleichszeitraum von 76 Tagen. Parallel betrachteten die Forscher die Niederschlagsmengen. Das Ergebnis: im Zeitraum erhöhter Ionisation nahm der Niederschlag um 24 Prozent zu. Zugleich war auch die Wolkendecke dichter. Die Ursache für die erhöhte Ionisation der Atmosphäre sehen Harrison und Kollegen im radioaktiven und ionisierenden Isotop Strontium-90, das nach den Atomwaffentest freigesetzt wurde.

Diese Studie zieht einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Atomwaffentests und stärkerem Regen. Die Ergebnisse haben aber auch heute – lange nach dem Stop solcher Waffentests – eine Bedeutung. Denn sie zeigen, wie elektrische Ladungen in der Atmosphäre die Bildung von Kondensationskeimen, kleiner Wassertröpfchen und schließlich Regen beeinflussen können. Damit lässt sich nicht nur der Einfluss einer natürlichen Elektrizität bei Gewittern genauer analysieren. Auch eine künstliche Aufladung der Atmosphäre wäre denkbar, um Wolken gezielt abregnen zu lassen. Bisher werden dazu Wolken in einer Variante des umstrittenen Geoengineering mit Silbersalzen geimpft.

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