Wutanfall beim Glücksspiel – auch Schimpansen werden sauer
„Psychologen und Wirtschaftswissenschaftler haben herausgefunden, dass Emotionen eine kritische Rolle dabei spielen, wie Menschen komplexe Entscheidungen treffen, etwa Entscheidungen, wie man Geld spart oder investiert“, erläutert Erstautorin Alexandra G. Rosati, mittlerweile an der Yale University in New Haven tätig. „Es war bislang aber nicht bekannt, ob diese Prozesse auch bei Tieren vorkommen, wenn diese Entscheidungen über ihre wichtigen Ressourcen treffen – beispielweise ihr Futter.“ Gemeinsam mit ihrem Kollegen Brian Hare von der Duke University in Durham hatte Rosati Verhaltensexperimente in afrikanischen Schutzgebieten durchgeführt, mit Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) und mit Bonobos (Pan paniscus), auch Zwergschimpansen genannt.
Um deren mögliche emotionale Reaktionen einschätzen zu können, stellten die Forscher die Menschenaffen vor zwei Aufgaben, in denen es um den Gewinn von mehr oder weniger schmackhaftem Futter ging. In einer mussten sich die Tiere entscheiden, ob sie lieber sofort einen nicht ganz so attraktiven Leckerbissen bekommen oder auf einen wertvolleren warten wollten. In einer anderen, einer Art Glücksspiel, sollten sie ihre Risikobereitschaft unter Beweis stellen: Wenn sie eine besonders schmackhafte Belohnung gewinnen wollten, liefen sie Gefahr, mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine wenig schmackhafte zu erhalten. Gingen sie dagegen lieber auf Nummer sicher, erhielten sie eine Belohnung von mittlerer Attraktivität. Besonders hoch im Kurs standen bei beiden Arten übrigens Bananen; Schimpansen liebten darüber hinaus Brot, während Bonobos auch Äpfel besonders lecker fanden. Wenig beliebt waren bei Schimpansen Papaya und Gurke, bei Bonobos Erdnüsse und Salat.
Sowohl Gemeine Schimpansen als auch Bonobos, konnten die Wissenschaftler beobachten, zeigten emotionale Reaktionen auf die Ergebnisse ihrer Entscheidungen. Hatten sie sich etwa entschieden, auf eine bessere Belohnung zu warten, kratzten sie sich während der Wartezeit auffallend häufig. Führte ihre Wahl beim Glücksspiel zu einer weniger bevorzugten Leckerei, reagierten die Menschenaffen mit deutlich negativen Gefühlsäußerungen – etwa mit frustrierten und klagenden Lauten, aber auch mit Kratzen und verärgertem Schlagen. Waren die Schimpansen ein Risiko eingegangen und hatten verloren, versuchten manche sogar, ihre Entscheidung im Nachhinein noch zu ändern. Hatten sie aber gewonnen, war das nie der Fall.
Manche Unterschiede im Verhalten werten die Forscher als artspezifisch. So waren gemeine Schimpansen grundsätzlich geduldiger, aber auch risikofreudiger als Bonobos. Andere Eigenarten schieben sie eher individuellen Charakterzügen zu. Die Verbindung zwischen Wahrnehmung, Emotion und Motivation ist wichtig, um zu verstehen, wie komplexe kognitive Funktionen wie beispielsweise das Treffen von Entscheidungen zustande kommen, erläutern die Biologen in ihren Ausführungen. Sie schließen aus ihren Beobachtungen: Genau wie Menschen äußern auch Menschenaffen emotionale Reaktionen auf Entscheidungen, die sie getroffen haben.
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