Midlife-Crisis im Affenleben

Auch Schimpansen und Orang-Utans haben in ihrer Lebensmitte ein Tief, in dem sie weniger glücklich sind
Schimpansen erleben ähnlich wie der Mensch eine Midlife-Crisis
Schimpansen erleben ähnlich wie der Mensch eine Midlife-Crisis
© Frans de Waal, Emory University/ Creative Commons (CC BY 2.5), http://creativecommons.org/licenses/by/2.5/deed.en
Coventry (Großbritannien) - Auch Menschenaffen durchleben eine Midlife-Crisis: Genau wie Menschen sind Schimpansen und Orang-Utans in ihrer Lebensmitte am wenigsten glücklich und zufrieden. Das hat ein Team internationaler Forscher bei mehr als 500 der Primaten jeden Alters in amerikanischen, australischen und asiatischen Zoos und Schutzgebieten beobachtet. Pfleger und andere mit den Tieren vertraute Personen schätzten dabei den Gemütszustand der Affen ein. Es stellte sich heraus, dass deren Zufriedenheit in Jugend und Alter deutlich höher zu sein scheint als in mittleren Jahren. Das Phänomen ist demnach nicht einzigartig für den Menschen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences”. Gründe für die Midlife-Crisis sind bisher nicht eindeutig geklärt; Theorien ziehen sowohl soziologische als auch ökonomische Ursachen in Betracht. Die aktuelle Analyse legt nun nahe, dass auch biologische Faktoren für die Erklärung des Phänomens berücksichtigt werden sollten.

„Wir hofften, ein bekanntes wissenschaftliches Rätsel verstehen zu können”, sagt Studienleiter Andrew J. Oswald von der University of Warwick. „Warum folgt die menschliche Zufriedenheit über die Lebensspanne annährend einer U-Form? Wir kamen letztlich zu dem Schluss, dass es nicht aufgrund von Hypotheken, Scheidungen, Handys oder irgendwelchem anderen Drum und Dran des modernen Lebens sein kann. Affen haben auch ein ausgeprägtes Tief in der Lebensmitte und sie haben nichts von alledem.“ Die Forscher hatten in ihrer Studie Beobachtungen von 336 Schimpansen und 172 Orang-Utans aus den USA, Kanada, Japan, Australien und Singapur analysiert. Tierpfleger, Primatenforscher, Freiwillige und andere mit den Tieren gut vertraute Menschen halfen bei der Sammlung der Daten und nutzten dazu Fragebögen, ähnlich wie sie auch für die Einschätzung menschlichen Wohlbefindens eingesetzt werden.

Heraus kam eine ähnliche U-förmige Kurve wie bei Menschen: Die Zufriedenheit erreichte rund um ein Lebensalter von circa 30 Jahren ein Minimum, was in etwa der Midlife-Crisis entspricht, die beim Menschen häufig in den späten 40ern auftritt. Die Forscher erläutern in ihren Ausführungen, dass unterschiedliche Mechanismen dieses Tief in der Lebensmitte erklären könnten. Eine Möglichkeit sei demnach etwa, dass Glück und Zufriedenheit mit einem längeren Leben einhergehen und weniger glückliche Affen somit früher sterben. So könnte es zu einer erhöhten Zufriedenheit unter den älteren Tieren kommen. Weiterhin sei denkbar, dass die bei allen drei Spezies beobachtete typische U-Form mit altersbedingten Veränderungen in bestimmten Hirnstrukturen zusammenhängt oder dass ältere Individuen Verhaltensmechanismen erlernt haben, mit denen sie ihre Emotionen regulieren können. Dass die Midlife-Crisis nicht einzigartig für den Menschen ist, sondern auch bei Menschenaffen auftritt, legt biologische Ursachen nahe. Ein Ansatz, bei dem mehrere Spezies untersucht werden, könnte somit zu einem besseren Verständnis des evolutionären Ursprungs führen.

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