Wie warmes Atlantikwasser die Arktis erwärmt

Anfang des 20. Jahrhunderts drang ungewöhnlich viel warmes und salziges Wasser in den Arktischen Ozean – Effekt dieser frühen „Atlantifikation“ kann Klimamodelle optimieren helfen
Gletscher vor Grönland
Gletscher vor Grönland
© Sara Giansiracusa
Bologna (Italien)/Cambridge (Großbritannien) - Der Klimawandel ist besonders stark in der Arktis spür- und messbar. So stieg in den letzten 50 Jahren die mittlere Lufttemperatur nördlich des Polarkreises bereits um 3,1 Grad an – mehr als doppelt so viel wie in anderen Regionen der Welt. Ein weiterer Anstieg ist mit steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre nicht unwahrscheinlich. Nun berichtet ein europäisches Forscherteam in der Fachzeitschrift „Science Advances“, dass der Arktische Ozean bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts deutlich wärmer und salziger wurde – also Jahrzehnte früher als bisher angenommen.

„Aus Satellitendaten wissen wir, dass sich der Arktische Ozean besonders stark in den vergangenen zwanzig Jahren erwärmte“, sagt Francesco Muschitiello von der University of Cambridge. Diese Erwärmung und zusätzlich den Anstieg des Salzgehalts wollte der Klimaforscher mit seinen Kollegen in einen breiteren Kontext stellen. Dazu analysierten sie Sedimente am Meeresboden zwischen Grönland und Spitzbergen, der Fram-Straße. Aus diesen Ablagerungen mariner Mikroorganismen konnten sie den Verlauf der Erwärmung und des Salzgehalts über einen langen Zeitraum von 800 Jahren bestimmen.

Sowohl Temperatur als auch Salzgehalt des Meerwassers in der Fram-Straße zeigten sich über viele Jahrhunderte ausgesprochen konstant. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts setzte ein markanter Anstieg der Temperatur und des Salzgehalts ein. Die Ursache für diese schnelle, so genannte Atlantifikation am Tor zum Arktischen Ozean liegt in einem stärken Zufluss wärmeren und salzigeren Wassers aus dem Atlantik. Nach Aussage der Forscher könnte ein Zusammenhang mit dem Ende der Kleinen Eiszeit bestehen, die zu einem relativ kühlen Klima zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert führte.

Diese ungewöhnlich frühe Erwärmung des Arktischen Ozeans kann durch die Klimamodelle bisher nicht gut genug rekonstruiert werden. Offenbar besteht eine stärkere Verbindung zwischen Atlantik und Arktis als bisher angenommen. So hat diese Studie das Potenzial, zu einer Optimierung aktueller Klimamodelle beizutragen. Sie bietet ein bisher fehlendes Teil in einem komplizierten Puzzle. Das ist von großer Bedeutung, um gerade für die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Region bessere Szenarien für die kommenden Jahrzehnte zu entwickeln. Denn Klimawandelfolgen in der polaren Region – von der Gletscherschmelze auf Grönland bis zum Auftauen von Permafrostböden in Sibirien – ziehen starke globale Auswirkungen nach sich.

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