Wie sich Holz zum Schwamm verwandelt

Chemisch behandeltes Balsaholz bildet einen extrem leichten Werkstoff, der sich reversibel zusammenpressen lässt
Chemisch ausgewaschenes und verkohltes Balsaholz bildet ein extrem leichtes Holzschwamm-Material, dass sogar von den Härchen einer Pusteblume getragen werden kann.
Chemisch ausgewaschenes und verkohltes Balsaholz bildet ein extrem leichtes Holzschwamm-Material, dass sogar von den Härchen einer Pusteblume getragen werden kann.
© C. Chen et al.
College Park (USA) - Das Holz des tropischen Balsabaums ist wegen seines geringen Gewichts bei Modellbauern und als Ersatz für teuren Kork sehr beliebt. Nach einer chemischen Behandlung nahm die Dichte des ohnehin schon sehr leichten Materials noch weiter deutlich ab. Wie amerikanische Materialforscher in der Zeitschrift „Chem“ berichten, wandelte sich das kompakte Balsaholz in einen schwammartigen Werkstoff, der sich viele tausend Male reversibel zusammenpressen ließ. Abhängig von der Kompression veränderte sich auch der elektrische Widerstand, so dass sich dieses neue Material auch als Drucksensor eignete.

„Diese Holzschwämme bestehen aus einem nachwachsenden Rohstoff und könnten eine interessante Alternative zu Werkstoffen aus Graphen oder Kohlenstoffnanoröhrchen sein“, sagt Liangbing Hu, Nanoingenieur an der University of Maryland in College Park. Gemeinsam mit seinen Kollegen kochte er leichtes und noch festes Balsaholz mehrere Stunden lang in einer Lösung aus Natriumhydroxid und Natriumsulfit. Dabei zerbrachen die starren Zellstrukturen im Holz und ein Großteil des enthaltenen Lignins und der Hemizellulose wurde ausgewaschen. Zurück blieb eine aus weißer Zellulose bestehende, poröse Masse.

Diese Holzmasse kochten die Forscher wiederum mehrere Stunden, diesmal in einer Wasserstoffperoxid-Lösung. Dabei bildete sich aus den Bruchstücken der Zellwände eine regelmäßige Wabenstruktur mit Wabendurchmessern von etwa 25 Mikrometern aus. Diese flexible Struktur ließ sich über einen Verkohlungsprozess bei 1000 Grad Celsius dauerhaft stabilisieren. Das Ergebnis dieser Prozedur war ein schwarzes, schwammartiges Material, dessen Dichte lediglich bei einem Fünftel des ursprünglichen Balsaholzes lag. Ein Holzschwamm etwa von der Größe eines Spielwürfels war leicht genug, um mühelos von den feinen, haarigen Flugschirmchen einer Pusteblume getragen zu werden.

Mit mehreren Versuchsreihen bestimmten Hu und Kollegen weitere physikalische Eigenschaften des extrem leichten Holzschwamm-Materials. So ließ es sich wie ein echter Schwamm mehrere tausende Male mindestens auf die Hälfte seines Volumens zusammenpressen, um ohne Kompressionsdruck wieder seine ursprüngliche Form anzunehmen. Auf ein Fünftel seines ursprünglichen Volumens komprimiert stieg auch die elektrische Leitfähigkeit etwa um das 400-fache an. Zur Demonstration dieses druckabhängigen Verhaltens fertigten die Forscher kleine, empfindliche Drucksensoren.

„Dieser Holzschwamm zeigt das verborgene Potenzial von natürlichen Materialien“, sagt Hu. Der Materialforscher kann sich vorstellen, dass die extrem leichten, porösen Holzschwämme zur Reinigung belasteten Wassers oder auch als Gerüstwerkstoff für Batterie-Elektroden oder Kondensatoren genutzt werden könnte. Im Unterschied zu chemisch synthetisierten Graphen- oder Karbonfaser-Materialien basiert der Holzschwamm-Werkstoff auf dem natürlichen Rohstoff Holz und wäre damit nachhaltiger und günstiger zu produzieren.

Vor wenigen Wochen präsentierte die gleiche Arbeitsgruppe bereits ein auf Holz basierenden Werkstoff, der leicht und zugleich trotzdem fest wie Stahl war. „Dieses komprimierte Holz könnte mit seiner Stärke und Haltbarkeit eine Alternative zu Stahl und sogar Titanlegierungen bieten“, sagt Liangbing Hu. Er wählte mehrere Holzarten – Linde, Eiche, Kiefer und Zeder – für die Verdichtungsversuche. Quaderförmige Holzstücke von der Größe etwa einer Zigarettenschachtel kochten sie zuerst sieben Stunden lang in einer wässrigen Lösung aus Natriumhydroxid und Natriumsulfit. Dabei lösten sich große Anteile des enthaltenen Lignins und der Zellulose aus dem Holzrohling. Danach pressten die Forscher die ausgewaschenen Holzstücke einen Tag lang bei 100 Grad Celsius. Nach diesem Verfahren waren die Holzquader auf ein Fünftel ihrer ursprünglichen Dicke geschrumpft. Die Dichte der Hölzer nahm etwa um das Dreifache zu.

Bemerkenswert zeigte sich in Belastungsversuchen die sehr hohe Stabilität der komprimierten Hölzer. So waren zwölffach stärkere Kräfte als bei unbehandelten Hölzern nötig, um die Holzquader zu zerbrechen. Zudem erwiesen sich die Probestücke bis zu zehnmal härter und unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit.„Bruchfest und hart – diese Kombination gibt es in der Natur sonst nicht“, sagte der an den Experimenten beteiligte Forscher Teng Li. So sei der neue, natürliche Werkstoff stabil wie Stahl, aber zugleich sechsmal leichter.

© Wissenschaft aktuell


 

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