Wie Zugvögel ihre Brutplätze wiederfinden
Für ihre Studie nutzten Tim Guilford und seine Kollegen von der Oxford Navigation Group an der Oxford University Daten von knapp 18.000 beringten Teichrohrsängern, die über mehrere Jahrzehnte zwischen 1940 und 2018 gesammelt wurden. Diese zeigen, wie oft und wie genau die Singvögel nach dem Überwintern wieder zu ihren Brutgebieten zurückkehren konnten. Parallel analysierten sie für die verschiedenen Gebiete in weiten Teilen Europas das jeweils lokal wirkende Erdmagnetfeld. Dabei beachteten die Ornithologen nicht nur die magnetische Intensität, sondern auch die Inklination und die Deklination – der Winkel zwischen der Horizontalkomponente der Magnetfeldlinien und der geographischen Nordrichtung.
Alle diese Daten werteten die Forscher in mehreren Schritten statistisch aus. Dabei bestimmten sie die statistischen Wahrscheinlichkeiten für die exakte Rückkehr an einen Brutplatz in Abhängigkeit von den verschiedenen Parametern des Erdmagnetfelds. Ihre Analyse legte nun nahe, dass die Inklination gekoppelt mit der allgemeinen Süd-Nord-Peilung auf der Flugroute den Vögeln die beste Orientierung gab. Die lokal vorherrschende Inklination, die sich die Vögel seit ihrer Geburt gemerkt hatten, diente auf ihrer Route quasi als Stop-Schild oder Zielhinweis. So ergab die Inklination-Orientierung in statistischen Analysen eine Abweichung vom Brutplatz von nur 1,2 Kilometern. Die Varianten mit anderen Parametern des Magnetfelds – Deklination und Intensität – lieferten deutlich größere Abweichungen zwischen 20 und 235 Kilometern.
Diese Studie liefert gute Hinweise, dass Teichrohrsänger ihren Brutplatz über die gemerkte Inklination des Erdmagnetfelds wiederfinden. Ein hieb- und stichfester Beweis ist es allerdings noch nicht. Für diesen könnten nun weitere Analysen von anderen Zugvogel-Arten folgen, um die Inklinationsthese zu untermauern oder auch zu verwerfen.