Wie Zugvögel ihre Brutplätze wiederfinden

Teichrohrsänger erkennen ihr Ziel anhand der Neigung des Erdmagnetfelds
Die Inklination des Erdmagnetfelds führt Teichrohrsänger zurück an ihren Geburtsort.
Die Inklination des Erdmagnetfelds führt Teichrohrsänger zurück an ihren Geburtsort.
© Thomas Miller
Oxford (Großbritannien)/Oldenburg - Abertausende Zugvögel überwintern jedes Jahr in Afrika südlich der Sahara. Mit einsetzendem Frühling machen sie sich auf den langen Weg zu ihren Brutgebieten in Europa und orientieren sich auf der Reise am Magnetfeld der Erde. Dabei finden sie oft bis auf wenige Meter genau ihren im Vorjahr verlassenen Brutplatz. Britische und deutsche Ornithologen suchten nun die Ursache für diese verblüffend gute Orientierung. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, spielt wahrscheinlich die Inklination – also der Winkel zwischen Magnetfeldlinie und Erdoberfläche – eine entscheidende Rolle.

Für ihre Studie nutzten Tim Guilford und seine Kollegen von der Oxford Navigation Group an der Oxford University Daten von knapp 18.000 beringten Teichrohrsängern, die über mehrere Jahrzehnte zwischen 1940 und 2018 gesammelt wurden. Diese zeigen, wie oft und wie genau die Singvögel nach dem Überwintern wieder zu ihren Brutgebieten zurückkehren konnten. Parallel analysierten sie für die verschiedenen Gebiete in weiten Teilen Europas das jeweils lokal wirkende Erdmagnetfeld. Dabei beachteten die Ornithologen nicht nur die magnetische Intensität, sondern auch die Inklination und die Deklination – der Winkel zwischen der Horizontalkomponente der Magnetfeldlinien und der geographischen Nordrichtung.

Alle diese Daten werteten die Forscher in mehreren Schritten statistisch aus. Dabei bestimmten sie die statistischen Wahrscheinlichkeiten für die exakte Rückkehr an einen Brutplatz in Abhängigkeit von den verschiedenen Parametern des Erdmagnetfelds. Ihre Analyse legte nun nahe, dass die Inklination gekoppelt mit der allgemeinen Süd-Nord-Peilung auf der Flugroute den Vögeln die beste Orientierung gab. Die lokal vorherrschende Inklination, die sich die Vögel seit ihrer Geburt gemerkt hatten, diente auf ihrer Route quasi als Stop-Schild oder Zielhinweis. So ergab die Inklination-Orientierung in statistischen Analysen eine Abweichung vom Brutplatz von nur 1,2 Kilometern. Die Varianten mit anderen Parametern des Magnetfelds – Deklination und Intensität – lieferten deutlich größere Abweichungen zwischen 20 und 235 Kilometern.

Diese Studie liefert gute Hinweise, dass Teichrohrsänger ihren Brutplatz über die gemerkte Inklination des Erdmagnetfelds wiederfinden. Ein hieb- und stichfester Beweis ist es allerdings noch nicht. Für diesen könnten nun weitere Analysen von anderen Zugvogel-Arten folgen, um die Inklinationsthese zu untermauern oder auch zu verwerfen.

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