Warum Knochenbrüche bei Diabetes so schlecht heilen

„Die Heilung von Knochenbrüchen zu verbessern, hätte enorme positive Auswirkungen auf die Lebensqualität von Diabetespatienten“, sagt Michael Longaker von der Stanford University, einer der leitenden Wissenschaftler der Arbeitsgruppe. In früheren Untersuchungen hatten die Forscher sogenannte Skelettstammzellen bei Mäusen identifiziert, die sich zu Vorläufern von Knochen- und Knorpelzellen weiterentwickeln können. Bei Tieren, denen diese Stammzellen fehlten, war die Heilung nach einem Knochenbruch gestört. Das deutete darauf hin, dass eine Diabetes-Erkrankung die Reparaturfunktion dieser Stammzellen negativ beeinflussen könnte.
In ihren neuen Arbeiten untersuchten die Forscher genetisch veränderte Mäuse, die im Alter von vier Wochen ähnliche Symptome entwickelten wie Menschen mit Diabetes vom Typ 2. Erst nach Ausbruch der Krankheit war die Heilung eines Knochenbruchs gestört. Eine Woche nach der Verletzung ließen sich bei diesen Mäusen im Bereich der Bruchstelle deutlich weniger Skelettstammzellen nachweisen als bei normalen Tieren. Zudem produzierten die zuckerkranken Mäuse geringere Mengen an Signalproteinen des sogenannten Hedgehog-Signalwegs. Normalerweise werden nach einer Verletzung verstärkt Hedgehog-Proteine produziert, worauf die Stammzellen mit erhöhter Zellteilung reagieren. Als die Forscher den Hedgehog-Signalweg bei gesunden Mäusen blockierten, verzögerte sich die Heilung eines Knochenbruchs genauso wie bei diabetischen Tieren. Umgekehrt konnten sie den gestörten Heilungsprozess wieder normalisieren, indem sie an der Bruchstelle ein Hydrogel platzierten, das für längere Zeit Hedgehog-Proteine freisetzte.
Schließlich untersuchten die Mediziner auch Knochenproben von Diabetespatienten, die ein künstliches Gelenk erhalten hatten. Der Gehalt an Hedgehog-Proteinen war viel geringer als im Knochengewebe anderer Patienten. Sowohl Diabetespatienten als auch die Versuchstiere mit Diabetes hatten, verursacht durch krankheitsbedingte chronische Entzündungsreaktionen, einen erhöhten Blutspiegel des Immunbotenstoffs TNF-alpha. Experimente mit Skelettstammzellen und Vorläufern von Knochenzellen zeigten, dass dieser Botenstoff die Produktion von Hedgehog-Proteinen hemmt. Um die Knochenheilung bei Diabetes zu normalisieren, könnte man also theoretisch die TNF-alpha-Funktion blockieren. Das wäre allerdings mit starken Nebenwirkungen verbunden. Daher halten es die Forscher für sinnvoller, Hedgehog-Proteine in das Gewebe der Bruchstelle zu verabreichen. Eine solche neuartige Form der regenerativen Stammzelltherapie könnte vielleicht geeignet sein, um auch andere Verletzungen zu heilen. Doch zunächst müssen klinische Studien prüfen, ob dieses Verfahren auch beim Menschen sicher und wirksam ist.
Mehr Knochengewebe aus Stammzellen
Milch trinken schützt nicht vor Knochenbrüchen
Stammzelltherapie hilft bei nicht heilenden Knochenbrüchen