Milch trinken schützt nicht vor Knochenbrüchen

In einer großen Langzeitstudie war hoher Milchkonsum bei Frauen sogar mit einem größeren Bruchrisiko im Alter verbunden – und mit geringerer Lebenserwartung
Ist zu viel Milch für Erwachsene ungesund?
Ist zu viel Milch für Erwachsene ungesund?
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Uppsala (Schweden) - Milch trinken soll angeblich vor Osteoporose schützen und so das Risiko von Knochenbrüchen im Alter senken. Die Ergebnisse einer großen schwedischen Studie bestätigen diese Behauptung allerdings nicht. Im Gegenteil: Bei Frauen, die mehr als ein Glas Milch pro Tag tranken, kam es im Lauf der Zeit häufiger zu Bruchverletzungen als bei anderen. Zudem vergrößerte sich für Frauen und Männer mit hohem Milchkonsum die Sterbewahrscheinlichkeit im Untersuchungszeitraum, berichten die Forscher im „British Medical Journal”. Sie halten es für möglich, dass die beobachteten Zusammenhänge auf der mit der Milch zugeführten Laktose und dadurch verursachten Entzündungsreaktionen beruhen könnten. Die Autoren betonen aber, dass ihre Beobachtungsstudie lediglich auf statistische Zusammenhänge hinweist, ohne eine ursächliche Beziehung direkt nachzuweisen. Daher seien weitere Untersuchungen nötig, bevor konkrete Ernährungsempfehlungen gegeben werden können.

„Unsere Ergebnisse könnten die Gültigkeit von Empfehlungen in Frage stellen, nach denen ein hoher Milchkonsum Knochenbrüche im Alter verhindern kann“, schreiben Karl Michaëlsson von der Universität Uppsala und seine Kollegen. Die Forscher werteten Daten aus zwei schwedischen Langzeitstudien aus. An der einen nahmen 61.433 Frauen teil, die zu Beginn (1987 – 1990) 39 bis 74 Jahre alt waren. Die andere startete 1997 mit 45.339 Männern im Alter zwischen 45 und 79 Jahren. Alle Teilnehmer gaben Auskunft über ihre Ernährung und Lebensweise. Der Fettgehalt der konsumierten Milch blieb bei der statistischen Auswertung unberücksichtigt. Bei einem Teil der Probanden wurden Urin- und Blutproben auf Merkmale von oxidativem Stress und Entzündungsprozessen untersucht. Im Zeitraum von durchschnittlich 20 Jahren starben etwa 15.500 Frauen und 17.252 erlitten einen Knochenbruch, wobei in jedem vierten Fall das Becken betroffen war. In der Männergruppe starben in 11 Jahren etwa 10.100 Personen und es kam zu 5.066 Bruchverletzungen.

In keiner der beiden Gruppen war ein hoher Milchkonsum mit einem geringen Bruchrisiko verbunden. Für Frauen, die viel Milch tranken, erhöhte sich sogar die Wahrscheinlichkeit eines Knochenbruchs, für Männer dagegen nicht. Außerdem lag bei Frauen, die täglich mindestens drei Gläser – also mehr als 600 Milliliter – Milch konsumierten, die Sterberate deutlich höher als bei denen, die im Schnitt weniger als ein Glas am Tag tranken. Bei Männern bestand ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Sterberisiko, der aber weniger stark ausgeprägt war. Ganz anders waren die Ergebnisse für den Verzehr von Käse und Joghurt: Je mehr davon gegessen wurde, desto geringer waren Bruch- und Sterberisiko für beide Geschlechter. Eine Übertragung der Resultate auf Menschen nicht-europäischer Abstammung sowie auf Kinder und Jugendliche ist nach Ansicht der Forscher wahrscheinlich nicht möglich.

Je höher der Milchkonsum, desto stärker waren auch Anzeichen von oxidativem Stress und Entzündungsreaktionen im Körper. Dieser Zusammenhang liefert einen interessanten Hinweis auf eine mögliche Erklärung: Milch ist das Lebensmittel mit dem höchsten Gehalt an Laktose. Dieser Milchzucker ist aber in Joghurt und Käse meist kaum noch enthalten. Menschen europäischer Abstammung verfügen normalerweise auch als Erwachsene noch über das Enzym Laktase, das den Milchzucker spaltet. Bei der Spaltung entsteht neben Glukose der Zucker Galaktose, der sich in Tierversuchen in verschiedener Hinsicht als schädlich erwiesen hat. Er verursacht chronische Entzündungen, schädigt Nerven und Immunsystem und beschleunigt die Alterung. Ob solche Effekte aber auch beim Menschen auftreten, ist bisher nicht erwiesen. Theoretisch könnten die Ergebnisse der neuen Studie auch auf einer umgekehrten Beziehung von Ursache und Wirkung beruhen, so die Autoren. Denn manche Menschen trinken vielleicht deshalb viel Milch, weil sie ein erhöhtes Osteoporoserisiko haben. Die erhöhte Sterberate wäre damit aber nicht erklärt, da diese auch Menschen betraf, die keine Bruchverletzung erlitten hatten.

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