Tempolimit im Vogelschwarm

Neues Modell kann Dynamik von Schwärmen besser beschreiben und könnte Anwendungen in der Robotik finden
Solche Vogelschwärme lassen sich mit einem neuen „Tempolimit-Modell“ besser mathematisch beschreiben. © Antonio Culla et al.
Solche Vogelschwärme lassen sich mit einem neuen „Tempolimit-Modell“ besser mathematisch beschreiben. © Antonio Culla et al.
© Antonio Culla et al.
Rom (Italien) - Schwärme mit tausenden Vögeln zeichnen eindrucksvoller Strukturen am Himmel. Einfache Prinzipien bilden die Grundlage für das hervorragend koordinierte Schwarmverhalten. Doch die mathematische Beschreibung gestaltet sich bishger dennoch schwierig. Italienische und argentinische Forschende entwickelten daher ein neues Modell, um die Dynamik von kleinen und großen Schwärmen besser fassen zu können. Ihre Ergebnisse, die in Zukunft bei der Programmierung von künstlichen Roboterschwärmen genutzt werden könnten, veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.

In einem Vogelschwarm reagiert jeder Vogel grundsätzlich auf das Flugverhalten seiner nächsten Nachbarn. An dieses passt er sich an und es entwickelt sich eine wohl koordinierte Schwarmdynamik. Zu dieser Regel fügten nun Physiker Antonio Culla von der Università Sapienza in Rom und seine Kollegen ein Tempolimit hinzu. Denn jeder Vogel in einem Schwarm variiert neben seiner Flugrichtung auch seine Geschwindigkeit. Kleine Änderungen können leicht von benachbarten Vögeln erkannt werden und entsprechend reagieren. Auf größere Tempoänderungen jedoch könnten nicht alle Vögel adäquat reagieren und ein Schwarm verlöre seine koordinierte Dynamik.

„Große Tempoänderungen sind für einzelne Vögel sehr schwierig“, sagt Culla. Diese intuitive, auf Beobachtungen basierende Erkenntnis übertrug er nun in sein mathematisches Modell. Dabei werden Tempoänderungen nicht gleichwertig von den jeweiligen Nachbarn übernommen: Auf kleine Schwankungen der Geschwindigkeit reagieren die Vögel im Modell dabei immer, größere Änderungen werden dagegen ignoriert. Dieses Konzept bezeichnen Culla und Kollegen als „marginales“ Tempolimit.

Danach überprüften die Forschenden, ob ihr mathematisches Modell tatsächlich zur Beschreibung natürlicher Vogelschwärme geeignet ist. Sie filmten in Rom Schwärme mit hunderten Staren und analysierten danach die einzelnen Flugbahnen und Geschwindigkeiten der Vögel. Parallel berechneten sie die Schwarmdynamik mit ihren Modellen. Ohne Beachtung eines Tempolimits ergab sich nur wenig Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Mit Tempolimit jedoch ließ sich die Schwarmdynamik mit großer Übereinstimmung modellieren.

Mit diesem Ansatz haben Culla und Kollegen ein Modell entwickelt, um das Schwarmverhalten von Vögeln und anderen schwarmbildenden Lebewesen wie Fischen mathematisch besser zu beschreiben. „Aber es könnte auch nützlich für die Kontrolle von Robotern und Schwärmen von Flugdrohnen sein“, sagt Culla.

© Wissenschaft aktuell


 

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