Süßstoff oder Zucker?

Ergebnisse einer Metastudie liefern keinen eindeutigen Beweis für den gesundheitlichen Nutzen von chemisch hergestellten oder natürlichen Süßstoffen
Süßstoff Stevia in Tablettenform
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© Thomas R. Schwarz / Creative Commons Licence (CC BY-SA 4.0), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/
Freiburg - Angeblich soll die Nutzung kalorienarmer Süßstoffe anstelle von Zucker dabei helfen, Übergewicht zu vermeiden. Doch diese und andere positive Auswirkungen auf die Gesundheit werden durch die Ergebnisse der größten bisher zu diesem Thema durchgeführten Studie nicht eindeutig bestätigt, wie deutsche Forscher für die Cochrane Collaboration im Fachblatt „BMJ“ berichten. Ihre zusammenfassende Auswertung von 56 Einzelstudien mit Daten von 14.000 Teilnehmern erlaubt keine konkreten Empfehlungen für eine gesunde Ernährung. Dazu seien zunächst größere Langzeitstudien nötig.

„Für den Einsatz von Süßstoffen konnten wir keinen gesundheitlichen Nutzen feststellen und schädliche Auswirkungen nicht ausschließen“, schreiben die Wissenschaftler um Jörg Meerpohl vom Universitätsklinikum Freiburg. In ihrer Metastudie nutzten sie Daten bereits abgeschlossener Ernährungsstudien mit einem Beobachtungszeitraum von mindestens einer Woche. Untersucht wurden jeweils zwei Gruppen von Kindern oder Erwachsenen, die sich entweder in der täglich konsumierten Menge von Süßstoffen oder in der Art des verwendeten Süßungsmittels – Zucker oder Süßstoff – unterschieden. Die Einzelstudien enthielten Angaben zu Körpergewicht, Blutzuckerspiegel, Gesundheit von Herz und Gefäßen und andere medizinische Daten zu Beginn und am Ende der Untersuchung.

Bei normalgewichtigen Erwachsenen ergaben sich für die Gruppen, die Süßstoff statt Zucker konsumierten, nur geringfügig verringerte Werte beim Body-Mass-Index (BMI) und dem Blutzuckerspiegel. Für übergewichtige Kinder und Erwachsene, die sich aktiv um eine Gewichtsabnahme bemühten, ermittelten die Forscher gar keine statistisch relevanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Insgesamt seien die Ergebnisse deshalb von nur geringer Aussagekraft, weil die meisten verfügbaren Studien zu wenig Teilnehmer hatten oder nicht lange genug andauerten, schreiben die Autoren. Zudem könnten zusätzliche Einflussfaktoren sowie eine umgekehrte Kausalität nicht ausgeschlossen werden. So wäre es zum Beispiel möglich, dass einige Übergewichtige bewusst öfter auf Zucker verzichten und mehr Süßstoff konsumieren, weil sie abnehmen wollen.

Doch zumindest für diejenigen, die täglich große Mengen an süßen Getränken trinken, könnte ein Ersatz von Zucker durch Süßstoff hilfreich sein, um das Risiko von Diabetes oder Herz- und Gefäßkrankheiten zu verringern, vermutet Vasanti Malik von der Harvard School of Public Health in Boston in einem begleitenden Editorial. Noch erstrebenswerter sei es allerdings, weitgehend auf süße Getränke zu verzichten und stattdessen Wasser zu trinken. Klare Ernährungsempfehlungen zur Frage „Süßstoff oder Zucker?“ sind offenbar solange nicht möglich, bis Ergebnisse größerer und länger andauernder Studien vorliegen.

In der Metastudie ging es ausschließlich um chemisch hergestellte oder natürliche Süßstoffe wie Cyclamat, Acesulfam, Aspartam, Saccharin oder Steviosid. Diese sind zu unterscheiden von den sogenannten Zuckeraustauschstoffen, zu denen Sorbit, Mannit oder Xylit gehören, die eine geringere Süßkraft und einen höheren Kaloriengehalt haben als Süßstoffe.

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