Stromkreise aus dem Füllfederhalter

Geschickte Kombination von Kupfer- und Silberpartikeln liefert flexible und robuste Stromleitungen sogar auf Papier
Per Spezialfüller lässt sich die leitende Tinte durch schlichtes Schreiben aufs Papier bringen – diese Texte (oben) sind ebenso leitend wie die von einer LED gezierte Lotus-Zeichnung. Breite Tintenstreifen beliefern sogar ganze Felder von Leuchtdioden mit ausreichend Energie.
Per Spezialfüller lässt sich die leitende Tinte durch schlichtes Schreiben aufs Papier bringen – diese Texte (oben) sind ebenso leitend wie die von einer LED gezierte Lotus-Zeichnung. Breite Tintenstreifen beliefern sogar ganze Felder von Leuchtdioden mit ausreichend Energie.
© W. Dong, G. Wang et al.; ACS Applied Materials & Interfaces
Hangzhou (China)/Beijing (China) - Direkt aus dem Füller oder Drucker kann eine metallische Tinte chinesischer Forscher die flexible Elektronik revolutionieren. Simple Linien, auf Papier gezeichnet, transportieren bereits genügend Energie für kleine Leuchtdioden. Und auch mehrfaches Knicken und Falten kann den Stromfluss kaum beeinträchtigen, berichtet das Team im Fachblatt „ACS Applied Materials & Interfaces“. Bislang sind komplexe, aufwändige und damit teure Druckverfahren nötig, um biegsame und unauffällige Stromleitungen für „intelligente Kleidung“ – sogenannte Wearables – oder rollbare Bildschirme herzustellen. Die neue Flüssigkeit hingegen ist preisgünstig und lässt sich wie eine gewöhnliche Schreibtinte auftragen. Sie enthält winzige versilberte Kupferblättchen, die sich beim Trocknen der Tinte in Schichten übereinander lagern. Selbst nach tausendfachem Knicken oder Zerknüllen der Unterlage verlieren die Tintenlinien kaum an Leitfähigkeit. Das dürfte ganz neue Anwendungen ermöglichen, die bisher aus Kostengründen nicht über die Idee hinaus kamen.

„Die Schichtmuster erhöhen die Kontaktfläche der Kupfer-Nanoblättchen und verbessern die Stabilität“, schreiben die Materialforscher,„so dass die Stromkreise während des wiederholten Zusammen- und Auseinanderfaltens exzellente leitende Leistung zeigen.“ Wenjun Dong von der Zhejiang Sci-Tech University in Hangzhou, Ge Wang von der University of Science and Technology Beijing und Kollegen waren auf der Suche nach einer vielseitigen leitenden Tinte. Dabei verfielen sie auf kleinste Kupferteilchen, nachdem die Ansätze anderer Gruppen nur mäßig erfolgreich waren: leitfähige Polymere etwa – sehr flexibel und kostengünstig, aber mit vergleichsweise geringer Leitfähigkeit – oder Drähte aus Gold- und Silber-Nanopartikeln – sehr leitfähig, aber teurer und in der Praxis bruchanfällig.

Für ihre neue Methode ließen die Forscher zunächst Nanokristalle aus Kupfer im Labor sich selbständig zu großen aber hauchdünnen Flächen anordnen – nur wenige Nanometer dick, aber 30 bis 100 Mikrometer im Durchmesser. Diese Nanoblättchen beschichteten sie in einer Silbernitratlösung mit Silber, bevor daraus mit Wasser, Ethanol und einem Bindemittel die leitfähige Tinte entstand. Auf handelsübliches Druckerpapier wurde das Team dann kreativ und zeichnete mit einem speziellen Tintenstift Buchstaben und Bilder in 0,75 Millimeter breiten Linien zu mit Silberpaste aufgeklebten Leuchtdioden. Nach einer Stunde Trocknen leiteten die Kupferspuren elektrischen Strom zwischen einer 9 Volt-Batterie und den Dioden. Im zweiten Schritt prüften die Forscher die Robustheit der Tintenstriche und falteten das Papier zusammen und auseinander – jeweils 1000 Mal um 180 Grad, also mit der Schriftseite oder der Rückseite des Papiers aufeinander. Trotzdem behielten die Linien 81 beziehungsweise 89 Prozent ihrer Leitfähigkeit.

Dies verdankt die Tinte dem Überlappen ihrer Bestandteile: Aufnahmen vom Rasterelektronenmikroskop zeigen, dass sich die Kupfer-Nanoblättchen beim Trocknen flach übereinander lagern wie dicke Schichten verstreuter Spielkarten. Bei leichtem Biegen des Papiers verschieben sie sich zwar gegeneinander, bleiben aber in Kontakt – anders als bei Leitungen aus herkömmlichen Nanokristallen entstehen keine Risse und Spalten. Die Stromkreise in dieser laminaren Schichtung haften gut am Papier, sind hitzestabil und funktionieren auch nach langer Lagerung bei Raumklima gut, schreiben Dong, Wang und Kollegen. Vor allem aber erlaube die Methode auch kreative und komplexe Anwendungen: „Durch direktes Schreiben lassen sich auch komplizierte leitende Muster und Konstruktionen erstellen.“

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