Schmelzende Südpolgletscher: Meeresspiegel steigt über Jahrtausende
„Wenn das Zwei-Grad-Ziel verfehlt werden sollte, werden allein die in der Antarktis schmelzenden Eismassen zu einem Meeresspiegelanstieg von bis zu zehn Metern führen“, sagt Nick Golledge vom neuseeländischen Antarctic Research Centre an der Victoria University of Wellington. Für dieses Szenario analysierte er zusammen mit amerikanischen Kollegen von der University of Massachusetts in Amherst den Wärmefluss zwischen Atmosphäre, Ozean und Eismassen. Zudem floss in die Simulationen das komplexe Wechselspiel zwischen schwimmenden Eismassen und Gletschern auf dem Festland der Antarktis ein. Denn je schneller Eisberge vom schwimmenden Eispanzer abbrechen, desto eher wird auch das Festlandeis destabilisiert und rutscht nach. Schmelzwasser unterstützt diese Bewegung zusätzlich, da es wie ein Schmiermittel wirken kann.
Das Ausmaß des Abschmelzens bestimmten die Forscher für verschiedene Erwärmungsszenarien, die auch im fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats 2013 veröffentlicht wurden. Das Ergebnis: Nur bei einer raschen Verminderung der CO2-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 könnte der Anstieg des Meeresspiegels allein durch das abschmelzende Antarktiseis auf etwa 40 Zentimeter begrenzt werden. Schon in diesem Fall müsste mit dem Verlust von bis zu 85 Prozent der schwimmenden Eismassen gerechnet werden. Alle anderen Szenarien führten dagegen dazu, dass ein Großteil des Festlandeises bis zum Jahr 3000 abschmelzen würde. Das wäre ein unumkehrbarer Prozess. Schon bis zum Jahr 2300 könnte dadurch der Meeresspiegel um bis zu drei Meter ansteigen.
Golledge und Kollegen zeigen mit ihrer Studie, dass ein Meerespiegelanstieg um mehrere Meter immer noch im Bereich des Möglichen liegt und Millionen Menschen in den Küstengebieten ihrer Lebensgrundlage berauben würde. Wichtiger war ihnen jedoch, die drohende Unumkehrbarkeit des Abschmelzens zu verdeutlichen. Denn das Antarktiseis weist eine ausgesprochen lange Reaktionszeit auf. So belegten die neuen Simulationen, dass selbst bei gestopptem CO2-Ausstoß und stagnierender Erwärmung der mittleren, globalen Lufttemperatur die Eisschmelze über viele Jahrhunderte anhalten könnte. Ein Grund dafür liegt in der Eigenschaft der Ozeane als hervorragender Wärmespeicher, der über 90 Prozent der zusätzlichen Wärme infolge des Klimawandels aufnehmen kann.
Allerdings betrachtete diese Studie nur das Abschmelzen der Eismassen in der Antarktis. Ähnliche Prozesse könnten auch für den Eispanzer Grönlands gelten, so dass es zu einem noch stärkeren Anstieg des Meeresspiegels kommen könnte.