Rotierende Spermien

Hermes Gadêlha von der University of Bristol betrachtete zusammen mit Kollegen von der Universidad Nacional Autónoma de México in Cuernavaca die Schwimmbewegungen von Dutzenden Spermien unter dem Mikroskop. Parallel verfolgten sie die Spermien mit einer Hochgeschwindigkeitskamera mit einer zeitlichen Auflösung von bis zu 55.000 Bilder pro Sekunde. Im Unterschied zu klassischen Lichtmikroskopen, die nur eine zweidimensionale Betrachtung erlauben, konnte Gadêlha die Spermien im dreidimensionalen Raum beobachten. Möglich wurde dies durch eine sich schnell anpassende Fokussierung des Mikroskops, um auch bei schwankenden Höhenabständen scharfe Bilder zu liefern.
Auf den Videoaufnahmen erkannten die Forscher, dass die bisherigen, zweidimensionalen Beobachtungen ein falsches Bild von der Bewegung der Spermien zeichneten. So schlagen die rund 50 Mikrometer langen Geißeln ausschließlich nur in eine Richtung. Das würde eigentlich dazu führen, dass die Spermien im Kreis schwimmen und ihr Ziel nie erreichen. Doch durch eine zweite Bewegung können die Spermien diesen asymmetrischen Antrieb ausgleichen. Gut vier mal pro Sekunde drehen sich die Samenzellen um ihre eigene Achse. Dadurch wirkt der Geißelschlag immer in eine andere Richtung und das Spermium schwimmt auf einer Bahn, die an die Wendel eines Korkenziehers erinnert, wieder geradeaus.
Welche Vorteile diese komplexe Fortbewegung im Unterschied zu einem symmetrischen Geißelschlag bietet, können die Forscher noch nicht beantworten. „Die Ursache für Kinderlosigkeit liegt zur Hälfte der Fälle beim Mann“, sagt Gadêlha. „Und mit einem besseren Verständnis der Spermien-Bewegung könnten neue Diagnoseverfahren für kranke Spermien entwickelt werden.“