Roh oder gekocht: Zubereitung der Nahrung beeinflusst Darmflora

Erhitzte pflanzliche Nahrungsmittel fördern das Wachstum anderer Darmbakterien als der Verzehr von Rohkost – kein Unterschied bei Fleisch
Das Kochen war eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit.
Das Kochen war eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit.
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San Francisco (USA) - Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das seine Nahrung erhitzt. Die Erfindung des Kochens und Bratens war ein wichtiger Schritt in der menschlichen Evolution, denn dadurch wurden Lebensmittel nutzbar, die im Rohzustand nur schwer oder gar nicht verdaubar waren. Diese Ernährungsumstellung muss das Mikrobiom des Darms, also das gesamte Artenspektrum sämtlicher Darmbakterien, stark verändert haben. Dafür sprechen auch die Ergebnisse von Untersuchungen amerikanischer Biologen an Mäusen und Menschen. Je nachdem ob stärkehaltige pflanzliche Lebensmittel vor dem Essen erhitzt wurden oder nicht, verstärkte sich der Anteil unterschiedlicher Arten von Darmbakterien im Mikrobiom, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature Microbiology“. Ob dagegen Fleisch gekocht oder roh verzehrt wurde, wirkte sich nicht auf die Darmflora aus.

„Der Einfluss des Kochens auf das Mikrobiom, den wir bei den Mäusen beobachtet haben, ist auch für Menschen relevant“, sagt Peter Turnbaugh von der University of California in San Francisco. Allerdings seien bei Menschen und Mäusen unterschiedliche Bakterienarten vom Wechsel der Ernährung betroffen. Aus früheren Untersuchungen war bekannt, dass sich die Darmflora von Vegetariern und Fleischessern oder von Schlanken und Übergewichtigen unterscheidet. Ungeklärt blieb, inwieweit auch das Kochen des Essens die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflusst.

Die Forscher fütterten vier Gruppen von Mäusen fünf Tage lang mit rohem oder gekochtem mageren Fleisch beziehungsweise mit rohen oder gekochten Süßkartoffeln. Wie die molekularbiologisch analysierten Kotproben zeigten, wirkte sich das Kochen der Knollen sehr stark auf das Mikrobiom des Darms aus. Beim Fleisch war dieser Effekt nicht erkennbar. Ähnliche Fütterungsexperimente mit normalen Kartoffeln, Mais, Erbsen, Möhren und Rüben bestätigten die Vermutung der Biologen, dass sowohl der Stärkegehalt als auch die Verdaubarkeit der Stärke das Ausmaß der Auswirkungen bestimmt: In rohem Zustand schwer verwertbare Stärke (wie in Kartoffeln und Süßkartoffeln) gelangt unverdaut in den Dickdarm und fördert dort die Vermehrung darauf spezialisierter Bakterien. Dieselbe vor dem Verzehr gekochte Pflanzenkost wird zum großen Teil bereits im Dünndarm verdaut, so dass sich im Dickdarm andere Bakterienarten entwickeln. Pflanzliche Nahrung in roher Form könnte noch einen zusätzlichen Effekt auf die Darmbakterien haben: Bestimmte Inhaltsstoffe, die durch Erhitzen zerstört würden, hemmen die Vermehrung einiger Bakterienarten.

Eine erste kleine Studie mit acht Versuchspersonen zeigte, dass sich die Ergebnisse im Prinzip auf den Menschen übertragen lassen. Die Teilnehmer aßen jeweils drei Tage lang dieselben Lebensmittel in gekochtem oder rohem Zustand. In beiden Fällen verstärkte das die Vermehrung unterschiedlicher Gruppen von Bakterien des Mikrobioms. Größere und längere Studien mit Menschen seien nötig, um die Auswirkungen einer dauerhaften Ernährungsumstellung zu erforschen, sagt Turnbaugh. Weitere Untersuchungen könnten dazu beitragen, durch gezielten Einsatz bestimmter Nahrungsmittel für eine gesunde Darmflora zu sorgen – insbesondere um Menschen mit chronischen Darmerkrankungen zu helfen. Bei künftigen Ernährungsstudien sei es wichtig, betonen die Autoren, nicht nur Art und Menge der verzehrten Lebensmittel zu registrieren, sondern auch die Zubereitung zu berücksichtigen.

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