Rhizobium: Knöllchenbakterium ist „Mikrobe des Jahres 2015“

Durch eine Symbiose mit Hülsenfrüchtlern erlangen die Bakterien die Fähigkeit, den Luftstickstoff zu binden, und verbessern so die Stickstoffversorgung der Pflanze
Längliche Wurzelknöllchen des Rotklees Trifolium pratense
Längliche Wurzelknöllchen des Rotklees Trifolium pratense
© Harald Engelhardt, Martinsried
Frankfurt - Knöllchenbakterien verdanken ihren Namen der Fähigkeit, mit Bohnen, Erbsen, Klee und anderen Hülsenfrüchtlern eine einzigartige Form der Symbiose einzugehen. Die Lebensgemeinschaft beginnt damit, dass die Bodenmikroben bei Stickstoffmangel in die Wurzelhaare der Pflanze eindringen. Das dadurch ausgelöste Wachstum von Wurzelgewebe lässt die typischen Knöllchen entstehen, in denen sich die Bakterien vermehren. Nur in ihrem neuen Lebensraum sind sie in der Lage, den im Überfluss vorhandenen Luftstickstoff in Ammonium zu überführen, der dann auch der Pflanze zugute kommt. Als Gegenleistung bietet die Pflanze Schutz und organische Nährstoffe. Von der verbesserten Stickstoffversorgung profitieren auch die Landwirte: Sie erzielen größere Erträge an Hülsenfrüchten und nutzen die Möglichkeit der Gründüngung als Ersatz für Kunstdünger. Die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) hat das Knöllchenbakterium der Gattung Rhizobium jetzt zur „Mikrobe des Jahres 2015“ erklärt.

„Man kennt zwei Knöllchenarten: Länglich wachsende wie bei Rotklee und kugelige Knöllchen wie bei der Gartenbohne. Einige Dutzend bis einige Hundert der Knöllchen können eine Pflanze vollständig mit Stickstoff versorgen“, sagt VAAM-Mitglied Harald Engelhardt vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. Nur in stickstoffarmen Böden signalisiert die Pflanze den freilebenden Rhizobien ihren Bedarf an einer Symbiose. Dazu setzt die Wurzel Botenstoffe frei. Sie locken die Mikroben an und ermöglichen, dass sie sich an speziellen Andockstellen anheften. Haben sich auf diese Weise die Symbiosepartner erkannt, dringen die Bakterien ein und vermehren sich in den entstehenden Knöllchen.

Im Gegensatz zu Pflanzen und den meisten anderen Bakterien verfügen Rhizobien über das Enzym Nitrogenase. Es ermöglicht ihnen, den Luftstickstoff (N2) in einem energieaufwendigen Prozess in Ammoniumionen (NH4+) umzuwandeln. Die Reaktion kann aber nur in Abwesenheit von Sauerstoff ablaufen. Deshalb sorgt die Pflanze für ein sauerstoffarmes Milieu in den Wurzelknöllchen, indem sie dort das so genannte Leghämoglobin produziert. Dieses Protein bindet Sauerstoff, ganz ähnlich wie das Hämoglobin in unserem Blut. Damit schafft die Pflanze überhaupt erst die Voraussetzung für eine Stickstofffixierung durch die Bakterien und ermöglicht ein besseres Wachstum auf stickstoffarmen Böden.

Das hat sich auch der Mensch zunutze gemacht, indem er durch Anbau von Klee oder Lupinen in der Mehrfelderwirtschaft die Bodenfruchtbarkeit verbesserte. Im Rahmen des ökologischen Landbaus dient der Anbau von Hülsenfrüchtlern noch immer als Ersatz für mineralische Stickstoffdünger. Außerdem lässt sich der Ertrag von Hülsenfrüchten steigern, wenn man das Saatgut mit Rhizobien beimpft oder die Bakterien in den Boden einbringt. Leider gibt es keine Arten von Knöllchenbakterien, die eine Symbiose mit Getreidepflanzen eingehen. Forschungsarbeiten dazu sind allerdings bereits im Gange. Sowohl die Arten der Gattung Rhizobium als auch Vertreter verwandter Gattungen wie Bradyrhizobium sind jeweils nur auf bestimmte Pflanzenarten aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Leguminosen) spezialisiert. Dazu zählen neben den bereits genannten auch Soja, Kichererbse, Linse, Luzerne und Erdnuss.

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Quelle: Pressemitteilung der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM):www.mikrobe-des-jahres.de


 

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