Quanteneffekte der Photosynthese

Theoretisches Modell könnte zu neuen Konzepten für effizientere Solarzellen führen
Konzept der Quanteneffekte der Photosynthese
Konzept der Quanteneffekte der Photosynthese
© APS/Alan Stonebraker
Ulm - Mit der Photosynthese hat die Natur ausgeklügelte Prozesse entwickelt, um die Energie der Sonnenstrahlung effizient einfangen und nutzen zu können. Auch quantenphysikalische Effekte spielen beim Energietransport innerhalb von Grünpflanzen oder lichtaktiven Bakterien eine wichtige Rolle. Theoretische Physikerinnen und Physiker an der Universität Ulm lösten nun ein offenes Rätsel eines bisher ungewöhnlich schnellen Energietransports über relativ weite Strecken. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review X“ berichten, sind offenbar speziell angeordnete Nanostrukturen aus den lichtsammelnden Molekülen für einen effizienten Energietransport verantwortlich. Diese neuen Erkenntnisse über die natürliche Photosynthese haben das Potenzial, in Zukunft auch die Effizienz von Solarzellen weiter zu erhöhen.

Sonnenlicht erzeugt sowohl bei der Photosynthese in Pflanzen und Bakterien als auch in Solarzellen angeregte, elektronische Zustände. Negativ geladene Elektronen werden freigesetzt und zugleich entstehen positiv geladene Elektronenlöcher. Diese Elektronen-Loch-Paar, auch Exzitonen genannt, sollten für eine hohe Effizienz möglichst lange erhalten bleiben und mit einigen Mikrometern relativ lange Strecken zurücklegen. Jüngst zeigten Experimente an lichtaktiven Purpurbakterien, dass diese elektronischen Zustände mehr als die zehnfachen Strecken zurücklegen konnten als bisherige Modelle der Photosynthese erklären konnten. Andrea Mattioni und seine Kollegen vom Ulmer Institut für Theoretische Physik fanden nun die Ursache für diesen Effekt.

Die quantenphysikalischen Betrachtungen der Forscher zeigten, dass für die relativ langen Transportwege spezielle Nanostrukturen aus den lichtsammelnden Molekülen, genauer den als Antennen wirkenden Pigmenten, verantwortlich waren. Diese Pigmente ordnen sich in den Purpurbakterien zu mehreren benachbarten, dicht gepackten Nanoclustern an. Dank dieser Nanostruktur können sich delokalisierte, elektronische Zustände so arangieren, dass sie einen Energietransport über einige Mikrometer ermöglichen. Diese Strecken mögen zwar klein klingen, doch sind sie für die Auswirkungen quantenphysikalischer Effekte ausgesprochen groß. Zugleich verhindern einige der Nanocluster einen Energieverlust durch dunkle Zustände – auch dark states genannt –, bei denen nach einer photoelektronischen Anregung keine Lichtteilchen emittiert werden.

Diese neuen Erkenntnisse über quantenphysikalische Effekte der natürlichen Photosynthese könnten in Zukunft auch die Effizienz von Solarzellen erhöhen helfen. „Auf dieser Grundlage entwickelten wir Quanten-Designregeln auf der molekularen Ebene, um die Reichweite und Geschwindigkeit des Energietransports in künstlichen lichtsammelnden Architekturen [ – also etwa Solarzellen – ] zu optimieren“, erläutern die Forscher in ihrer Veröffentlichung. Denn auch in Solarzellen ist es gewünscht, dass Elektronen-Loch-Paare, die Exzitonen, möglichst lange überleben und weite Strecken zurücklegen. Damit sinkt das Risiko für eine unerwünschte Rekombination von Elektron und Loch noch bevor die elektrischen Ladungen für einen nutzbaren Stromfluss an den Elektroden einer Solarzellen abgegriffen werden können.

Eine technische Umsetzung dieses Modells wird jedoch nicht einfach sein. Denn dazu müssen einerseits geeignete Materialien gefunden werden, um die lichtsammelnden Proteine der Purpurbakterien zu imitieren. Andererseits muss ein Design für entsprechende Nanostrukturen in einer Solarzelle mitsamt einem geeigneten Produktionsverfahren entwickelt werden.

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