Probiotische Milchsäurebakterien für die Nase

„Einige Sinusitispatienten könnten davon profitieren, wenn man gesundheitsfördernde Bakterien in ihre Nase übertragen würde, um Krankheitssymptome zu verringern“, sagt Sarah Lebeer von der Universität Antwerpen. Ihre Arbeitsgruppe analysierte das gesamte Artenspektrum von Milchsäurebakterien in den oberen Atemwegen von 100 gesunden Menschen und 225 Patienten mit chronischer Rhinosinusitis. Dabei ergaben sich bei den Erkrankten deutlich geringere Keimzahlen an Lactobacillus-Arten. Aus Proben von Gesunden identifizierten die Biologen unter anderem einen speziellen Stamm von Lactobacillus casei mit ungewöhnlichen Eigenschaften: Während Milchsäurebakterien in der Regel sauerstoffarme Standorte bevorzugen, tolerierten die Bakterien von Lactobacillus casei Stamm AMBR2 den hohen Sauerstoffgehalt der Atemluft. Außerdem ermöglichten fadenförmige Fortsätze den Mikroben, sich dauerhaft an den Zellen der Nasenschleimhaut anzuheften. In Laborversuchen unterdrückten die L. casei-Bakterien das Wachstum verschiedener Erreger von Atemwegsinfektionen, darunter Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis und Staphylococcus aureus. Auf Schleimhautzellen hatten die Bakterien zudem eine entzündungshemmende Wirkung.
Schließlich behandelten die Forscher in einer Pilotstudie zwanzig gesunde Personen zwei Wochen lang zweimal täglich mit einem Nasenspray, der Lactobacillus casei enthielt. Während andere auf diese Weise übertragene Bakterien nur wenige Minuten lang in der Nase nachweisbar bleiben, überlebten diese Milchsäurebakterien in der Nase jeder vierten Testperson noch bis zu zwei Wochen. Schädliche Nebenwirkungen traten dabei nicht auf. Weitere Studien müssen zeigen, ob eine solche Behandlung auch Sinusitis-Symptome lindern kann. Für Patienten mit chronischer Rhinosinusitis gebe es derzeit kaum effektive Therapien, sagt Lebeer. Der Einsatz probiotischer Nasenkeime wäre eine viel versprechende neue Behandlungsstrategie.
Zu den Symptomen der Rhinosinusitis zählen neben einer behinderten Nasenatmung auch Abgeschlagenheit, Gesichts- und Kopfschmerzen. Die akute Krankheitsform wird meist durch Viren, seltener durch Bakterien ausgelöst. Dauert die Erkrankung – bei schwächeren Symptomen – länger als zwölf Wochen, liegt eine chronische Rhinosinusitis vor, die auch durch Schadstoffe verursacht sein kann.
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Gegen multiresistente Keime: Probiotische Bakterien für die Nase