Nicht alle Milchsäurebakterien in der Vagina wehren Krankheitserreger ab

Überwiegt eine bestimmte Lactobacillus-Art in der Vaginalflora, erhöht sich das Risiko für eine Infektion durch Chlamydien
Chlamydien (braun gefärbte Einschlusskörperchen) leben als Parasiten im Innern von Wirtszellen.
Chlamydien (braun gefärbte Einschlusskörperchen) leben als Parasiten im Innern von Wirtszellen.
© Dr. E. Arum, Dr. N. Jacobs / Centers for Disease Control and Prevention, public domain
Amsterdam (Niederlande) - Chlamydien sind die häufigsten bakteriellen Erreger sexuell übertragbarer Krankheiten in Europa. Milchsäurebakterien in der Vaginalschleimhaut schützen vor einer Übertragung dieser und anderer Keime. Doch jetzt ergab eine niederländische Studie, dass die Schutzfunktion nicht nur von der Zahl, sondern auch von der Art der vorhandenen Milchsäurebakterien abhängt. Wenn unter den Lactobacillus-Arten eine bestimmte Spezies überwiegt, besteht ein erhöhtes Risiko für eine Chlamydieninfektion, berichten Mikrobiologen im Fachblatt „Sexually Transmitted Infections“. Auf welchem Mechanismus dieser Zusammenhang beruhen könnte, ist noch nicht bekannt.

„Unsere Studie zeigt, dass eine von Lactobacillus-Bakterien dominierte Vaginalflora nicht in jedem Fall gegen eine sexuell übertragbare Infektion schützt“, erklären die Forscher um Robin van Houdt vom VU University Medical Center in Amsterdam. Es sei vielmehr von großer Bedeutung, welche Arten der Gattung Lactobacillus – vielleicht sogar welche Stämme einzelner Arten – in der Vaginalschleimhaut vorkommen. Das mikroskopische Bild eines Vaginalabstrichs allein reicht demnach für eine Beurteilung des Infektionsrisikos nicht aus.

Aus den Teilnehmerinnen einer größeren mehrjährigen Studie wählten die Forscher 61 Frauen aus, bei denen der Test auf eine Infektion durch Chlamydia trachomatis anfangs negativ, aber ein Jahr später positiv war. Als Kontrolle dienten Probandinnen gleichen Alters, bei denen auch der zweite Chlamydientest negativ blieb. Die gesunden, zwischen 16 und 29 Jahre alten Frauen aus der Umgebung von Amsterdam stellten selbst entnommene Vaginalabstriche zur Verfügung. Damit ermittelten die Forscher jeweils das Artenspektrum der Vaginalkeime. Überwogen bei der ersten Keimanalyse Milchsäurebakterien der Spezies Lactobacillus iners gegenüber anderen Lactobacillus-Arten, bestand ein 2,6-fach erhöhtes Risiko für eine Infektion durch Chlamydien. Bei der statistischen Auswertung wurden zusätzliche Einflussfaktoren wie Alter, Abstammung und riskantes Sexualverhalten berücksichtigt.

Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelte, lässt sich eine Beziehung von Ursache und Wirkung nicht beweisen. Dazu seien weitere Studien nötig, die auch einen möglichen Einfluss einer Einnahme von Antibiotika und Verhütungsmitteln untersuchen müssten, so die Autoren. Ein erhöhtes Risiko für eine Chlamydieninfektion hatten auch Frauen, die in einer Fernbeziehung lebten. Wechselnde Sexualpartner könnten dafür eine mögliche Erklärung sein. Chlamydia trachomatis verursacht bei Männern und Frauen Infektionen des Urogenitaltraktes, die oft symptomlos bleiben. Wird die Erkrankung nicht erkannt und nicht antibiotisch behandelt, kann sie unter anderem Unfruchtbarkeit bei Frauen verursachen.

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