Mysteriöse Wundheilung bei Delfinen

Forschung an Meeressäugern kann Weg zu neuen Medikamenten gegen Infektionen und Schmerzen ebnen
Baltimore (USA) - Delfine erholen sich erstaunlich schnell, wenn sie von einem Hai gebissen werden: Sie fühlen scheinbar keine Schmerzen, verbluten nicht, sind resistent gegen Infektionen und können große Körperflächen regenerieren. Deshalb hat ein US-amerikanischer Forscher weltweit Untersuchungsergebnisse über dieses Phänomen zusammengetragen und im "Journal of Investigative Dermatology" veröffentlicht. Als Ergebnis seiner Arbeit erwartet er sich künftig eine ganze Reihe von Medikamenten, die beim Menschen zum Einsatz kommen können.

"Vieles über den Heilungsprozess bei Delfinen ist bisher ganz schlecht dokumentiert", fasst Michael Zasloff seinen Überblick zusammen. Der Wissenschaftler vom Georgetown University Medical Center (GUMC) hat sich aufgrund erstaunlicher Beobachtungen den Meeres-Säugetieren zugewandt: "Wie können bei Delfinen selbst tiefe, klaffende Wunden so weit heilen, dass ihre Körperstruktur hinterher wieder hergestellt ist? Vergleichbare Wunden beim Menschen wären tödlich."

Um dies zu untersuchen, hatte Zasloff die weltweite Literatur gesichtet und Meeresbiologen rund um den Globus befragt. Außerdem hat er gut dokumentierte Untersuchungsberichte wie den von "Nari" und "Echo" ausgewertet: Nach Hai-Angriffen war der Heilungsprozess dieser beiden Delfine am australischen Tangalooma Wild Dolphin Resort in detaillierten Fotoserien festgehalten worden. Unterstützung erhält Zasloff von Leigh Ann Clayton, die am National Aquarium in Balimore (USA) arbeitet: "Die Arbeit mit Meeressäugetieren zeigt sehr deutlich, dass ihre Wundheilung wesentlich besser ist als die von Säugetieren an Land."

Zasloff erklärt sich dies unter anderem durch den Tauch-Reflex der Tiere: Wenn die Delfine abtauchen, wird Blut von der Peripherie mehr in das Innere des Körpers verlagert. Ein ähnlicher Reflex bei einer Verwundung hätte zur Folge, dass die Tiere nicht viel Blut verlieren. Ein weiterer Baustein könnte die Speckschicht unter der Haut der Delfine sein, in der sich häufig Giftstoffe ansammeln. Wissenschaftler gehen davon aus, dass hier körpereigene Substanzen wirken, die antibiotische oder sogar generelle Abwehrfunktion gegen Mikroben haben. Auch für die Fähigkeit, schnell neues Gewebe zu bilden, sieht er eine Ansatz: "Die Regeneration ist mit der Fähigkeit von Föten im Mutterleib vergleichbar, die sich selbst heilen können."

Allerdings ist sich Zasloff klar, dass eine genauere Erforschung all dieser Phänomene nötig sein wird - mit einem Zeitaufwand von vielen Jahren. Am Ende hofft er aber, dass die Ergebnisse seine Kollegen stimulieren, neue Medikamente zu finden, die beispielsweise zur Wundheilung oder gegen Schmerzen eingesetzt werden können.

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Quelle: Observations on the Remarkable (and Mysterious) Wound-Healing Process of the Bottlenose Dolphin, Michael Zasloff; Journal of Investigative Dermatology, doi:10.1038/jid.2011.220


 

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