Morgen- und Abendmenschen unterscheiden sich in vielen Genen

Veranlagung zum Frühaufsteher senkt Risiko für Depressionen und Schizophrenie
Der suprachiasmatische Nucleus (SCN) ist die Schaltzentrale der circadianen Uhr.
Der suprachiasmatische Nucleus (SCN) ist die Schaltzentrale der circadianen Uhr.
© Robin M. Voigt, Christopher B. Forsyth, Ali Keshavarzian, National Center for Biotechnology Information / Wikimedia public domain
Exeter (Großbritannien) - Die innere Uhr, die den täglichen Schlaf-Wach-Rhythmus steuert, tickt nicht bei jedem gleich: Bei Frühaufstehern – den Lerchen – geht sie etwas vor, bei Nachtschwärmern – den Eulen – geht sie nach. Ob man mehr dem einen oder eher dem anderen sogenannten Chronotypen entspricht, wird von mindestens 351 Genen beeinflusst, berichtet jetzt ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Nature Communications“. Die identifizierten Gene sind entweder direkt am Mechanismus der circadianen Uhr beteiligt oder in der Netzhaut des Auges und in verschiedenen Teilen des Gehirns aktiv. Die Menschen mit Genvarianten, die für Lerchen typisch sind, hatten ein geringeres Risiko für Depressionen und Schizophrenie als diejenigen mit zahlreichen Eulen-Genen. Ein Zusammenhang zwischen Chronotyp und Stoffwechselerkrankungen bestätigte sich dagegen nicht.

„Mit Hilfe dieser großen Zahl an Genen können wir nun versuchen herauszufinden, warum verschiedene Menschen unterschiedliche biologische Uhren haben können“, sagt Michael Weedon von der University of Exeter. Die von ihm geleitete Studie wertete Daten von knapp 700.000 Menschen aus, deren Erbgut bereits vollständig sequenziert worden war. Alle Teilnehmer gaben an, ob sie eher morgens oder abends aktiv sind. Für 85.000 dieser Personen standen auch objektive Messdaten über deren Aktivität im Tagesverlauf zur Verfügung, die von einem Fitness-Armband aufgezeichnet worden waren.

Zusätzlich zu den bereits bekannten 24 Genen identifizierten die Forscher weitere 327 Gene, die sich bei Lerchen und Eulen unterschieden. Diejenigen mit den meisten Eulen-Genen gingen im Schnitt 25 Minuten später ins Bett und wachten morgens entsprechend später auf als die mit den meisten Lerchen-Genen. In der Gesamtschlafdauer und der Qualität des Schlafes gab es aber keine Unterschiede. Frühaufsteher bewerteten ihr generelles Wohlbefinden höher als die Morgenmuffel und hatten ein geringeres Risiko, an Depressionen oder Schizophrenie zu erkranken. Es fanden sich Hinweise darauf, dass bestimmte Eulen-Gene die Anfälligkeit für psychische Störungen erhöhen. Im Risiko für Diabetes und Fettleibigkeit unterschieden sich die beiden Chronotypen nicht. Die Forscher vermuten, dass weniger der Chronotyp selbst als viel mehr eine mangelnde Übereinstimmung von Arbeitszeiten und biologischem Tagesrhythmus eine Ursache für Stoffwechselerkrankungen sein kann.

Um die circadiane Uhr mit dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zu synchronisieren, leiten spezielle Sinneszellen in der Netzhaut des Auges Informationen über Lichtintensität und Tageslänge in das Gehirn. Dort koordiniert der suprachiasmatische Nucleus (SCN) – die Schaltzentrale der inneren Uhr – alle tagesrhythmischen Stoffwechselaktivitäten in sämtlichen Körperorganen. Neben dem Tageslicht als wichtigstem äußeren Signalgeber wirken sich auch Gene, Ernährung, Temperatur und körperliche Aktivitäten darauf aus, wie gut die circadiane Uhr mit dem natürlichen Tagesrhythmus im Einklang steht.

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