Defektes Gen verursacht Schlafstörungen und Winterdepression

„Wenn wir die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen besser verstehen, können wir gezielter nach Medikamenten suchen, um zum Beispiel Winterdepressionen zu behandeln“, sagt Louis Ptáček von der University of California in San Francisco, einer der leitenden Forscher der Arbeitsgruppe. Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen waren drei Patienten, die aufgrund familiärer Vorbelastung unter dem „vorverlagerten Schlafphasensyndrom” litten. Diese Schlafstörung erzeugt extreme Frühaufsteher, die meist vor fünf Uhr aufwachen und bereits am frühen Abend schlafen gehen. Die Betroffenen reagieren zudem mit depressiven Störungen auf die in Herbst und Winter verkürzten Tageslängen.
Im Erbgut der Patienten identifizierten die Forscher zwei von der normalen Form abweichende Varianten des Gens PERIOD3 (PER3). Es gehört zu einer Gruppe von Genen, die als innere Uhr die tagesrhythmischen Aktivitäten des Körpers steuern. Dazu zählt insbesondere der Schlaf-Wach-Rhythmus, der normalerweise im Einklang mit dem natürlichen Wechsel von Tag und Nacht abläuft. Die Wissenschaftler schleusten die veränderten Genvarianten in das Erbgut von Mäusen ein. Das wirkte sich bei zwölf Stunden Licht am Tag nicht auf die Laufrad-Aktivität der Tiere aus. Wurde die Beleuchtung aber auf täglich vier Stunden reduziert, verschob sich ihr Schlaf-Wach-Rhythmus um mehrere Stunden, bei normalen Mäusen dagegen nicht.
Zudem zeigten die Tiere Verhaltensweisen, die mit den Merkmalen einer depressiven Störung bei Menschen vergleichbar sind: Sie wehrten sich weniger, wenn sie in unangenehme Situationen gebracht wurden, und fanden weniger Gefallen an einer Extraportion Zuckerwasser als andere Mäuse. Bei genetisch veränderten Tieren, denen das PER3-Gen ganz fehlte, waren diese Merkmale noch stärker ausgeprägt. Experimente mit Zellkulturen ergaben, dass die defekten PER3-Gene im Vergleich zur normalen Variante zu einer geringeren Produktion des PER3-Proteins führten. Wahrscheinlich wird so die Funktion der biologischen Uhr gestört, vermuten die Forscher. Auf welche Weise dadurch auch die Stimmung beeinflusst wird, sollen nun Untersuchungen von Hirnaktivitäten klären.
Die Winterdepression oder „saisonal-affektive Störung“ ist eine der häufigsten depressiven Störungen. Je nach Breitengrad des Wohngebiets – der bestimmt, wie stark sich in Herbst und Winter die Tageslänge verkürzt – leiden nach Angaben der Autoren bis zu neun Prozent der Bevölkerung darunter. Typische Symptome neben der bedrückten Stimmung sind Müdigkeit, Ängstlichkeit und Heißhunger auf Süßigkeiten.